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Fast ein Déjà-vu

Von Walter Hämmerle

Politik

1999 entschied sich die Ländle-ÖVP für den einzigen Wahlsieger, die FPÖ. Und 2014? Sind die Grünen Favorit.


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Bregenz. Es wird eine ungewohnte Situation für die Vorarlberger Volkspartei sein, wenn sie eine Regierungspartnerschaft nicht nur freiwillig gewährt, wie es zu Zeiten der schwarzen Alleinregierung durchaus üblich war, sondern eingehen muss. Das ist noch jedem selbstbewussten Machterhaltungsvehikel schwergefallen - und nichts anderes ist ja eine politische Partei.

Beim bisher einzigen Mal, als der Ländle-ÖVP dies widerfuhr, bei den Wahlen 1999, hatte sie die Qual der Wahl zwischen drei Partnern: den Freiheitlichen, die damals einen fulminanten Sieg feierten (von 18 auf 27 Prozent; bei den Wahlen am Sonntag landete die FPÖ bei 23 Prozent); der SPÖ, die 1999 auf 13 Prozent absackte; und den Grünen, die ebenfalls verloren.

Damals, vor fünfzehn Jahren, entschied sich Landeshauptmann Herbert Sausgruber für den Wahlsieger, also Schwarz-Blau. Die Kombination lag im Trend; wenige Monate später sollte Wolfgang Schüssel mit Jörg Haider die erste Bundesregierung mit dieser Farbkonstellation paktieren. In Wien wie in Bregenz ging es darum, den Höhenflug der stärksten und für den Machtanspruch der ÖVP gefährlichsten Oppositionspartei durch Einbindung in die Regierungsverantwortung zu bremsen.

2014 liegt nun Schwarz-Grün voll im Trend, zumindest auf Länderebene, im Bund fehlt dieser Kombination bis dato die arithmetische Wahrscheinlichkeit einer gemeinsamen Mehrheit bei Nationalratswahlen. Wie entscheidet sich die ÖVP und Landeshauptmann Markus Wallner dieses Mal?

Geht es nach politischer Mode und Dynamik, wird Schwarz-Grün das Ländle in den nächsten fünf Jahren regieren. Die Grünen waren unbestreitbar der große Sieger des Wahlabends. Allerdings ist die Ökopartei, anders als noch die FPÖ 1999, kein direkter Herausforderer für die Volkspartei. Zwischen beiden Parteien liegen 24,75 Prozentpunkte. Dass die Grünen die ÖVP also in absehbarer Zeit überholen könnten, ist nicht zu erwarten. Der Abstand zwischen Volkspartei und Freiheitlichen beträgt 18,37 Prozentpunkte - fast exakt wie schon vor 15 Jahren. Das damalige Rekordergebnis gelang der FPÖ als Regierungspartei von ÖVP-Gnaden. Zumindest in Vorarlberg kann der Juniorpartner in einer Koalition also Wahlen gewinnen. Beeindruckend noch dazu.

Wohl auch deshalb drängt Grünen-Obmann Johannes Rauch so kraftvoll in die Landesregierung. Dabei hatte der 55-jährige ehemalige Sozialarbeiter vor einiger Zeit noch mit einem Rückzug aus der Politik geliebäugelt. Oppositionsarbeit kann innerlich auszehren; und vergangenes Jahr musste sich Rauch sogar eine mehrwöchige Auszeit wegen Überarbeitung nehmen. Von Politikmüdigkeit war jedoch in den letzten Monaten bei Rauch nichts mehr zu beobachten, die Chance auf eine erstmalige Regierungsbeteiligung der Grünen im Ländle verleiht offensichtlich Flügel.

Inhaltlich gibt es zwischen ÖVP und Grünen zwar durchaus einige Klippen, allerdings keine unüberwindbaren, wenn beide Seiten wollen. Doch Koalitionsverhandlungen beinhalten immer ein Risiko, wenn die Partner die roten Linien beim Gegenüber falsch kalkulieren. Wallner muss nach dieser bitteren Niederlage jetzt nach innen wie außen Führungsstärke demonstrieren. Zu viele Zugeständnisse an die Grünen kann er sich in dieser Lage nicht leisten. Der größte Trumpf der ÖVP ist es deshalb, dass sie eine Alternative zu Johannes Rauch und den Grünen hat: Dieter Egger und seine Freiheitlichen.

Die Blauen setzen ihre Hoffnungen darauf, dass Schwarz-Grün am Wirtschaftsflügel in der Volkspartei scheitern könnte. Inhaltlich gibt es zwischen ÖVP und FPÖ kaum Bruchstellen, dafür ein atmosphärisches Problem: Wallner pocht auf eine offizielle Entschuldigung Eggers, da dieser 2010 den Direktor des Jüdischen Museum Hohenems hart attackierte. Tatsächlich haben sich insbesondere beim Thema Verkehr sowohl ÖVP als auch Grüne ziemlich einbetoniert. Die größten Brocken sind ein Tunnelprojekt am Nadelöhr Feldkirch sowie eine Verbindungsstraße zwischen den Autobahnen im Rheintal und der Schweiz. Hier Kompromisse zu finden, wird ÖVP und Grünen nicht leicht fallen. Es sei denn, sie verschieben sie auf den St. Nimmerleinstag in der Zukunft. Wobei: Genau deswegen haben sich die Verkehrsprobleme im Rheintal so aufgestaut, wie sie heute sind.

Wallner will jedenfalls schnell Klarheit: Bereits heute, Dienstag, sind Gespräche mit allen im Landtag vertretenen Parteien geplant. Anschließend soll feststehen, wie es konkret mit Regierungsverhandlungen weitergeht. Dafür sind rund vier Wochen vorgesehen. Am 15. Oktober geht die konstituierende Sitzung des neuen Landtags über die Bühne.