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Fast ein Nulldefizit

Von Brigitte Pechar

Politik

Statistik Austria: Nur 1 Prozent Staatsdefizit im Vorjahr. Pensionssystem größter Ausgabenposten des Staates.


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Wien. Das Budgetdefizit hat im Vorjahr nur 1 Prozent des Bruttoinlandsproduktes betragen, ohne das Bankenpaket wäre es überhaupt nur bei 0,4 Prozent gelegen. (Im März war man noch von 1,2 Prozent ausgegangen.) Das sind die endgültigen Zahlen - genannt "Öffentliche Finanzen 2015" -, die die Statistik Austria im September nach Brüssel meldete. "Das ist kein schlechtes Ergebnis", "es ist ein gutes Ergebnis", "es ist ein sehr gutes Ergebnis einer sehr sorgfältigen Haushaltspolitik". So beschrieb Statistik-Austria-Generaldirektor Konrad Pesendorfer am Donnerstag bei der Präsentation das Zahlenwerk. Dennoch dürfe man nicht die Hände in den Schoß legen, warnte er.

Auch bei der Staatsverschuldung, die im Vorjahr bei 85,5 Prozent des BIP (statt der im März errechneten 86,2 Prozent) lag, macht sich das Bankenpaket (im Wesentlichen die Hypo/Heta) bemerkbar. Ohne das Bankenpaket wäre der Schuldenstand mit 77,3 Prozent gemessen an der Wirtschaftsleistung sogar leicht rückläufig gewesen. Allerdings haben laut Pesendorfer auch "Sondereffekte" wie die aktuell niedrigen Zinsen zu diesem positiven Ergebnis beigetragen, und ein Zinsanstieg hätte angesichts der anhaltend hohen Schulden daher auch negative Auswirkungen auf das laufende Budget.

Investitionen in die Zukunft

Allerdings, erklärt Budgetexpertin Margit Schratzenstaller vom Wirtschaftsforschungsinstitut der "Wiener Zeitung", "ist die Zinssensitivität kurzfristig relativ gering". Ein Ansteigen der Zinsen würde nicht sofort wirksam, weil ja der Staat langfristige Finanzierungs- und Refinanzierungspapiere ausgegeben hat - etwa mit Laufzeiten von 10 Jahren. Österreich zahle jetzt 3 Milliarden weniger Zinsen als 2008 - obwohl der Schuldenstand gestiegen ist. Das spreche dennoch nicht dafür, sich noch mehr zu verschulden. Hier ist sie mit Pesendorfer einer Meinung. Während aber der Statistiker der Nation sich mit Empfehlungen an die Regierung zurückhält, rät Schratzenstaller sehr wohl zu Investitionen - wie das zuletzt auch die OECD, die Organisation für wirtschaftliche Entwicklung, in ihren pessimistischen Wachstumsprognosen für die Industriestaaten empfohlen hat. Allerdings sollten diese Investitionen nicht mit einer Neuverschuldung geleistet werden, sondern durch "ein Drehen an den Strukturen". Hätte man eine Reform der Förderungen schon 2010 umgesetzt, könnte man bereits jetzt die Früchte ernten.

So etwa sei Finanzbedarf in vielen Bereichen: in der Forschung, in der Bildung - und zwar was die Infrastruktur als auch die institutionelle Entwicklung betreffe, sagte Schratzenstaller. Am wichtigsten seien aber Strukturreformen. Auch Pesendorfer kann Investitionen etwas abgewinnen - aber nur, wenn diese Zukunftsausgaben sind und wenn sie private Investitionen auslösen.

Während also der Bund 2015 eine Neuverschuldung von 4 Milliarden Euro aufweist, haben die Länder insgesamt (ohne Wien) einen Überschuss von 196 Millionen erwirtschaftet, das Defizit der Gemeinden inklusive Wien betrug 17 Millionen Euro, die Sozialversicherung lieferte 266 Millionen.

Vier Länder mit Defizit

Von den neun Bundesländern haben fünf (Salzburg, Steiermark, Burgenland, Tirol, Kärnten) das Vorjahr mit einem Budgetüberschuss abgeschlossen. Ein Defizit hatten Wien (175 Millionen Euro), Niederösterreich (106 Millionen Euro), Oberösterreich (47 Millionen Euro) und Vorarlberg (25 Millionen Euro). Beim Schuldenstand pro Kopf führt weiterhin Kärnten mit 5671 Euro vor Niederösterreich (4851 Euro) und Salzburg (3897 Euro) - hier bilden Vorarlberg mit 488 Euro/Kopf und Tirol mit 251 Euro/Kopf die positiven Schlusslichter.

Beigetragen zu dem guten Ergebnis habe aber nicht nur das geringe Zinsniveau, sondern auch Vorzieheffekte - ausgelöst durch die Steuerreform 2016. So seien die Einnahmen aus der Kapitalertragsteuer um 39,5 Prozent (um 3 Milliarden Euro) gestiegen, erläuterte Pesendorfer.

Wie sich die Steuerreform im heurigen Rechnungsabschluss auswirken werde, wollte Pesendorfer noch nicht sagen. Es gibt Gerüchte, dass der Finanzminister vor einem Budgetloch von 3 Milliarden Euro steht. Alleine die Einnahmen aus der Lohnsteuer sind im ersten Halbjahr um 1,3 Milliarden unter dem Vorjahreswert. Bei unterjährigen Bestandsaufnahmen müsse man sehr vorsichtig sein, merkte Pesendorfer dazu an. Dennoch glaubt er, dass der Budgetabschluss 2016 etwas schlechter ausfallen wird - nicht zuletzt aufgrund der erwähnten Mehreinnahmen durch Vorzieheffekte.

Am 12. Oktober wird Finanzminister Hans Jörg Schelling im Nationalrat seine Budgetrede für den Bundesvoranschlag 2017 halten - mit Klärung dieser Fragen.