Das Strafmaß für Manfort bleibt deutlich unter der Forderung der Anklage. Trumps kriminelles Umfeld belastet die Präsidentschaft.
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Alexandria (Virginia)/Washington. Der frühere Wahlkampfchef von US-Präsident Donald Trump, Paul Manafort, ist zu knapp vier Jahren Haft verurteilt worden. Ein Gericht in Alexandria im Bundesstaat Virginia verhängte am Donnerstag wegen Steuer- und Bankenbetrugs eine 47-monatige Gefängnisstrafe gegen den 69-Jährigen.
Das Strafmaß blieb damit deutlich unter der Empfehlung des US-Justizministeriums und von Russland-Sonderermittler Robert Mueller. Diese hatten zwischen 19 und 24 Jahren Haft gefordert.
Manafort war im August wegen Steuer- und Bankenbetrugs schuldig gesprochen worden. Es war die erste Verurteilung im Zuge von Muellers Untersuchungen. Allerdings ging es in dem Verfahren nicht um Vorwürfe hinsichtlich Manaforts Tätigkeit als Trumps Wahlkampfmanager oder mit Blick auf eine mögliche Einmischung Russlands in den US-Wahlkampf.
Geldflüsse nach Russland
Der Ex-Lobbyist wurde vielmehr schuldig gesprochen, Millioneneinnahmen aus seiner Beratertätigkeit für russlandfreundliche Politiker in der Ukraine zwischen 2005 und 2014 verborgen zu haben. Der Staatsanwaltschaft zufolge hatte Manafort auf Konten in Zypern mehr als 55 Millionen Dollar (nach heutigem Wert 48,80 Mio. Euro) vor dem Fiskus verborgen.
Manafort hatte Trumps Wahlkampfteam zwei Monate lang geleitet. Er musste den Posten im August 2016 abgeben, nachdem mutmaßliche Geldflüsse an ihn aus dem Umfeld des 2014 gestürzten pro-russischen Staatschefs Viktor Janukowitsch bekannt geworden waren. Sonderermittler Mueller bezeichnete Manafort in einem Memo vor kurzem als "dreisten" Kriminellen, der "wiederholt und schamlos" gegen das Gesetz verstoßen habe.
Richter T.S. Ellis sagte am Donnerstag, Manafort habe "schwere" Vergehen begangen. Die Forderung nach zwischen 19 und 24 Jahren Haft sei aber "exzessiv" gewesen.
Manafort belog Ermittler wiederholt
Die verhängte Haftstrafe ist gleichwohl das härteste Urteil gegen einen früheren Trump-Mitarbeiter im Zuge von Muellers Ermittlungen. In einem zweiten Fall wird kommende Woche in Washington ein Strafmaß gegen Manafort erwartet.
Der Ex-Lobbyist hatte sich im Rahmen einer Vereinbarung mit Mueller einer Verschwörung gegen die USA und der Zeugenbeeinflussung schuldig bekannt. Außerdem erklärte er sich zur Zusammenarbeit mit dem Russland-Sonderermittler bereit. Im Gegenzug ließen die Strafverfolger mehrere andere Anklagepunkte fallen, was eine mildere Strafe für Manafort möglich macht.
Allerdings soll Manafort die Ermittler wiederholt belogen haben. Damit ist Mueller nicht mehr an die Vereinbarung gebunden.
Trumps kriminelles Umfeld
Im Zuge von Muellers Ermittlungen wurden mehrere weitere frühere Trump-Mitarbeiter angeklagt, bekannten sich schuldig oder wurden bereits verurteilt. Aus dem engsten Umfeld des Präsidenten der Vereinigten Staaten, Donald Trump, dürfen nun eine ganze Menge Leute mit Fug und Recht als kriminell bezeichnet werden. Sein früherer Rechtsbeistand Michael Cohen ist zu drei Jahren Haft verurteilt und muss im Mai ins Gefängnis. Am Donnerstag folgte Manafort.
Trump schafft es zunehmend weniger, all dies von sich und seiner Präsidentschaft fernzuhalten. Eineinhalb Jahre vor der nächsten Präsidentschaftswahl in den USA wird es eng für den Amtsinhaber. Die Mehrheit im Repräsentantenhaus ist weg. Die Untersuchungen von Sonderermittler Robert Mueller sind noch nicht zu Ende. Und die Demokraten versuchen alles, den Mann im Weißen Haus so mit Untersuchungen zu beschäftigen, dass ihm die Luft zum Regieren fehlt.
Allein 81 Briefe mit Aufforderungen zur Zusammenarbeit haben die Abgeordneten des Justizausschusses an Menschen und Organisationen aus dem Trump-Umfeld verschickt. Kein Stein bleibt auf dem anderen. Auch Trumps Zeit als Immobilienmogul in New York und das Innere seines Firmengeflechtes werden jetzt durchleuchtet. Dass Spekulationen darüber, Trump habe Manafort eine Begnadigung versprochen, nicht verstummen, hilft für die weiter schwachen Beliebtheitswerte nicht weiter.
Politisch hat Trump wenig vorzuweisen
Sachpolitisch hat der Präsident, der von sich behauptet, mehr erreicht zu haben als jemals ein Präsident zuvor, nicht viel vorzuweisen. Das von ihm selbst vorangetragene Leuchtturmprojekt seiner Präsidentschaft, eine umfassende Steuerreform, führt das Land weiter in die Schuldenfalle. Das ist nun nicht mehr nur Expertensicht, sondern durch offizielle Statistiken der Regierung belegt.
Sein Kampf gegen Handels-Banditen scheint in die Irre zu führen. Das US-Handelsdefizit, das Trump unbedingt verringern wollte, ist in seiner Präsidentschaft noch einmal deutlich gestiegen - trotz des Wütens mit Zöllen und Drohungen an Freund und Feind. Erst vor wenigen Tagen hatte die Statistikbehörde bekannt, das Defizit sei inzwischen auf den höchsten Stand seit zehn Jahren angewachsen.
Der Mauerbau stockt
Der Mauerbau kommt kaum voran - eine bittere Enttäuschung für die Fan-Basis des Präsidenten. Zum dritten Mal nach der Gesundheitspolitik und seiner Unterstützung für Saudi-Arabien könnte ihm bei seiner höchst umstrittenen Verzweiflungstat zur Rettung des Mauer-Projekts - einer Notstandserklärung - die eigene Partei die Gefolgschaft versagen. Zumindest muss Trump darum kämpfen, die Senatsmehrheit zu halten. Der einstige Top-Wahlkampf-Act ist ein wenig zur Lachnummer verkommen, die Anstrengungen, eine echte Zuwanderungskrise zu skizzieren, wirken nicht nur aus Sicht der Demokraten bemüht.
Nicht zuletzt hat er außenpolitisch große Probleme. Vom Gipfel mit Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un kam Trump mit leeren Händen zurück. In Syrien machte er jüngst eine Kehrtwende - nachdem er mit einer überhasteten Abzugsankündigung für Kopfschütteln in aller Welt gesorgt hatte, ist Trump jetzt "100 Prozent" dafür, US-Truppen in Syrien zu belassen. Der liberale Politikwissenschaftler Simon Rosenberg vom Thinktank NDN fasste die Situation für die "Washington Post" und andere US-Medien so zusammen: "Die Wahrheit ist, dass er nicht auf eine einzige Sache zeigen kann, die heute besser ist als zu der Zeit, als er das Amt übernahm."
Die Mehrheit glaubt, dass Trump krminiell ist
Auch wenn die Trump-Freunde auf Erfolge etwa bei der Deregulierung oder bei der Ernennung von Richtern verweisen - es wird in Washington inzwischen offen die Frage diskutiert, ob die Republikaner sich Trump weiterhin leisten wollen. 64 Prozent aller Amerikaner sind inzwischen der Meinung, dass nicht nur das Umfeld Trumps kriminell ist, sondern auch der Präsident selbst in seiner Zeit als Immobilienmogul Straftaten begangen hat, wie eine Umfrage der Quinnipiac University ergab.
Immer öfter wird die Parallele zum Organisierten Verbrechen gezogen. Die Demokraten beschäftigen seit ein paar Tagen einen Anwalt, der sich besonders gut mit organisierter Kriminalität auskennt. Der frühere New Yorker Bürgermeister Michael Bloomberg, politisch nicht wahnsinnig weit von den Republikanern entfernt, bezeichnete Trump als "Bedrohung für unser Land". Landesweit läuft eine Kampagne mit Fernsehwerbespots: "Amtsenthebung Jetzt!"
Was genau die seit fast zwei Jahren laufende Untersuchung von Russland-Sonderermittler Robert Mueller noch über Trump zutage fördern wird, ist nicht klar. Genauso wenig klar ist, was die Öffentlichkeit davon zu sehen bekommen wird. Trumps neuer Justizminister William Barr hatte bereits angekündigt, dass es vielleicht nicht möglich sein werde, den gesamten Bericht publik zu machen. (apa, afp, dpa)