Diese Regierung wirft so leicht nichts aus der Bahn. Ärgste Widrigkeiten werden locker beseitigt.
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Man stelle sich vor, es ist Regierungssitzung und kein Minister kommt hin.
Nun, viel passiert wäre nicht, die Tagesordnung des wöchentlichen Ministerrats war an diesem Dienstag nicht wirklich Republik-bewegend. Immerhin stimmte die Regierung doch noch dem Auflösungsbeschluss des burgenländischen Landtags zu. Der von der dort absolut regierenden SPÖ gewünschte 2. Mai wäre damit als Wahltermin zwar immer noch möglich, allein da ist die ÖVP dagegen.
Die spannendste Materie, das neue ORF-Gesetz, wurde dagegen ein weiteres Mal auf eine Ehrenrunde geschickt: Dieses Mal fanden die Verhandler nicht zusammen, angeblich aber nur, weil ÖVP-Klubchef Karlheinz Kopf bei Olympia in Kanada weilte. Nächste Woche aber, so wurde allseits versichert, soll die ORF-Reform endgültig abgehakt werden. Man wird sehen.
Was aber würde passieren, wenn tatsächlich kein Minister zum Ministerrat käme? Nun, der Bürokratenstaat hätte auch hierfür vorgesorgt: Die Republik bliebe handlungs- und die Regierung beschlussfähig dank der Erfindung des Umlaufbeschlusses, einer schriftlichen Abstimmung ohne Sitzung.
Fast hätte es auch zu dieser Notlösung kommen müssen, trat doch die Regierung am Dienstag in kleinstmöglicher Runde zusammen: Mehr als die Hälfte der Minister muss anwesend sein, um als Kollektiv-organ beschlussfähig zu sein. Bei derzeit 14 Ministern - die Staatssekretäre, weil nicht stimmberechtigt, zählen hier nicht - müssen also mindestens acht im Bundeskanzleramt persönlich zugegen sein.
Gestern jedoch hatte die Regierung ihre liebe Not, dieser gesetzlichen Vorgabe nachzukommen. Entschuldigt wegen Auslandsreisen waren Vizekanzler Josef Pröll (Brüssel), Außenminister Michael Spindelegger (Nahost), Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (Indien), Bildungsministerin Claudia Schmied (Deutschland) und Sportminister Norbert Darabos (Vancouver). Umweltminister Nikolaus Berlakovich weilte zwar in Wien, war aber trotzdem wegen einer Konferenz entschuldigt.
Sechs von 14 planmäßig abwesend - eigentlich also alles paletti. Blöd nur, dass sich am Montagnachmittag Infrastrukturministerin Doris Bures aufgrund eines grippalen Infekts vom Dienst abmeldete. Und zu allem Überdruss war bei Innenministerin Maria Fekter bis zuletzt unsicher, ob ihr Flieger von Vancouver kommend pünktlich in Wien landen würde.
Fekter schaffte es, und statt der darniederliegenden Bures wurde kurzerhand Kollege Berlakovich herbei beordert - first things first, wie es so schön heißt, die Konferenz musste vorübergehend ohne ihren Gastgeber auskommen -, womit die Beschlussfähigkeit doch gegeben war. Aber wie gesagt: Die kleine heile innenpolitische Welt hätte sich ohnehin anstandslos weitergedreht - von der großen weiten gar nicht zu reden.
War es das schlechte Gewissen im Hinblick auf seinen Newswert oder doch nur der Faschingsausklang - auf jeden Fall überraschte der Kanzler am Ende seines Soloauftritts die schüttere Zahl der anwesenden Journalisten mit einer Einladung zum Krapfenschmaus. Hoffentlich kein Fall unzulässiger Anfütterung.