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Die ORF2-Parlamentssendung "Hohes Haus" brachte Sonntag aus Anlass der Aktuellen Stunde des Nationalrats eine objektive Analyse der Parteientendenzen, Volksabstimmungen nicht nur wie bisher durch eine Zwei-Drittel-Mehrheit des Nationalrats zu ermöglichen, sondern auch für Themen eines Volksbegehrens verpflichtend zu machen, das eine bestimmte Stimmenzahl erreicht. Schon der berichtete Kuhhandel mit der Mindeststimmengrenze (SPÖ: 700.000, ÖVP 650.000, FPÖ 250.000) machte klar, worum es geht: Die Hauptproduzenten der Politikverdrossenheit inszenieren ein wenig verantwortungsbewusstes Spielchen mit möglicherweise fatalem Ausgang. Man muss ja nicht gleich an eine Volksabstimmung über die Todesstrafe nach einem bestialischen Mord denken.
Aber beim gegenwärtigen Populismuspotenzial von Politik und Boulevard sind nach einer solchen Änderung unseres demokratischen Systems Gesetzesbeschlüsse nicht ausgeschlossen, die Staat und Gesellschaft destabilisieren können. Koalition und Parlament erwecken den Eindruck, als wollten sie sich aus ihrer Verantwortung für die Entscheidungs-Stagnation in wichtigen Fragen stehlen und im Vorfeld der nächsten Wahlen mit einem Danaergeschenk bei den Bürgern punkten. Und davon ablenken, dass die Ursache des Wählerfrusts mangelnde Problemlösungsqualität ist. Sicher kann man über mehr Bürgerbeteiligung nachdenken, aber in aller Ruhe und mit Experten. Wohin Hüftschüsse gehen, weiß schon der Volksmund.