Eigentum an verlustträchtigen Papieren wird verschleiert. | Unklar, welche Länder durch US-Krise gefährdet sind. | Wien/Washington. Die Krise auf dem US-Markt für hypothekarisch besicherte Wertpapiere ("mortgage-based securities", kurz: MBS) hält derzeit die Finanzwelt in Atem. Doch es ist völlig unklar, welche Länder abgesehen von den USA davon betroffen sein könnten. Es lässt sich nämlich derzeit nicht eruieren, welche Investoren außerhalb der USA große Mengen dieser risikoreichen Wertpapiere gekauft haben.
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Die einzigen Daten, die darüber verfügbar sind, sind Statistiken des US-Finanzministeriums. Aus diesen geht hervor, das fast zwei Drittel aller von Nicht-Amerikanern gehaltenen MBS in Steueroasen wie etwa der Kanalinsel Jersey oder den karibischen Cayman-Inseln gehalten werden (siehe Tabelle). In welchen Ländern die echten Eigentümer dieser Wertpapiere sitzen, wird dadurch verschleiert.
MBS sind Anleihen, die von Hypothekenbanken begeben werden. Die Anleihen werden durch hypothekarische Darlehen besichert, die Eigenheimbesitzer bei der betreffenden Bank aufgenommen haben. So kann eine Hypothekenbank das Risiko eines Kreditausfalls an andere Finanzinstitute weiterverkaufen.
Oft wurden die Anleihen aber nicht einzeln verkauft, sondern mit anderen Anleihen unterschiedlicher Bonität gebündelt. Das gesamte Bündel wurde dann als neues Wertpapier, als sogenannte "collateralised debt obligation" (CDO), verkauft. Wer ein solches Papier kaufte, konnte kaum mehr nachvollziehen, welches Ausfallsrisiko bei den zugrundeliegenden Anleihen bestand.
Die Wurzel allen Übels
Die jetzige Krise hat ihre Wurzel in der Niedrigzins-Phase der letzten Jahre. Auf der Suche nach halbwegs passablen Renditen haben Hypothekenbanken Darlehen an Kunden vergeben, die früher wegen zu geringen Einkommens nicht kreditwürdig gewesen wären. Gleichzeitig verkauften sie das Ausfalls-Risiko dieser Darlehen über CDOs an andere Finanzinstitute und Investoren. Dadurch verteilte sich das Risiko im gesamten Finanzsystem.
Als die Zinsen zu steigen begannen, wurden viele der Darlehensnehmer mit geringerer Bonität zahlungsunfähig. Die damit verbundenen CDOs wurden wertlos.
Welche Geldinstitute nun auf diesen wertlosen Papieren sitzen, ist die große Frage, die derzeit die Finanzmärkte verunsichert. Erschwert wird eine Antwort dadurch, dass für viele dieser Papiere kein Marktpreis existiert. Solange eine Bank also ein solches Papier nicht verkaufen muss, kann sie ihren Verlust verheimlichen.
Über das mögliche finanzielle Gesamtausmaß des Problems gibt es nur wenig Zahlen. Laut US-Finanzministerium gab es im Juni 2006 (die jüngsten verfügbaren Zahlen) insgesamt MBS im Wert von 340,9 Mrd. US-Dollar. Seit damals dürfte der Sektor aber um mehr als 100 zusätzliche Mrd. gewachsen sein.
Obwohl diese Summe beträchtlich ist, ist sie im Vergleich mit dem Gesamtwert aller US-Wertpapiere relativ gering: Ihr Anteil beträgt nur 4,4 Prozent.