Sozialistin Royal fällt in Umfragen ab. | Rechtsextremer Le Pen auf Platz vier.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 17 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Paris/Wien. Im französischen Wahlkampf geht es drunter und drüber. Im spannenden Rennen um das Präsidentenamt wechseln einander die Kandidaten der beiden Großparteien laufend an der Spitze der Umfragewerte ab. Mal liegt der konservative Innenminister Nicolas Sarkozy in Führung, dann wieder die Sozialistin Ségolène Royal.
Doch diese Woche hat Royal gewaltig an Boden verloren: Laut dem französischen Meinungsforschungsinstitut IPSOS verlor die Sozialistin in den Umfragen im Vergleich zur Vorwoche drei Prozentpunkte und hält somit bei 26 Prozent. Gleichzeitig legte ihr konservativer Rivale drei Prozentpunkte zu und steht nun mit 35 Prozent unumstritten an der Spitze.
Einen beträchtlichen Anteil am Absturz Royals dürfte ihr Image als Königin der Fettnäpfchen haben. So leistet sie kanadischen Separatisten Vorschub, indem sie erklärte, die Freiheit und Souveränität Québecs zu unterstützen, der einzigen kanadischen Provinz mit französischer Mehrheit. Kanadas Premier, Stephen Harper, reagierte mit harscher Kritik.
Im Anschluss an den Fauxpas ging Royal einem Stimmenimitator im Radio auf den Leim, der sich als Harper ausgab. Als er die Situation seiner kanadischen Provinz mit dem Wunsch der Korsen nach Unabhängigkeit verglich, erwiderte Royal: "Nicht einmal alle Franzosen wären dagegen." Zusatz: "Erzählen Sie das nicht weiter, sonst kommt es wieder zu einen Zwischenfall." Bei anderer Gelegenheit lobte Royal die Schnelligkeit der chinesischen Justiz, was angesichts der schätzungsweise 10.000 Menschen, die dort pro Jahr per Genickschuss hingerichtet werden, für Entrüstung sorgte.
Spionage zu
Wahlkampfzwecken?
Trotz allem ist Sarkozys Vorsprung aber nicht gesichert, denn auch er steht unter Beschuss. Die Sozialisten werfen ihm vor, seine Stellung als Innenminister zu missbrauchen, um seine Konkurrenz ausspionieren zu lassen. Nachdem es vor kurzem noch hieß, Sarkozy habe vom französischen Geheimdienst belastendes Material über Royals Umweltberater Bruno Rebelle zusammentragen lassen, berichtete die Zeitung "Le Canard enchaîné" am Mittwoch, dass auch Royal selbst Ziel der geheimen Ermittlungen sei. Dabei sei es um die Vermögensverhältnisse der Sozialistin gegangen. "Was für ein großartiger Zufall, dass die (Geheimdienstinformationen) dann zwei Monate später in einer Kampagne auftauchten", hieß es in dem Blatt. Royal war Mitte Jänner beschuldigt worden, durch die Gründung einer Immobiliengesellschaft Vermögenssteuer zu hinterziehen.
Die Sozialisten haben die Angelegenheit bereits vor den Verfassungsgerichtshof gebracht und fordern den Rücktritt Sarkozys als Innenminister, da dieses Amt mit der Präsidentschaftskandidatur unvereinbar sei.
Bürgerlich-liberaler
Bayrou im Aufwind
Wenn zwei sich streiten, freut sich bekanntlich der dritte. Und das könnte diesmal nicht der rechts-extreme Jean-Marie Le Pen sein, der bei den letzten französischen Präsidentenwahlen 2002 im ersten Durchgang völlig unerwartet den zweiten Platz ergatterte sondern François Bayrou von der bürgerlich-liberalen Partei UDF. Laut IPSOS hat Bayrou diese Woche in den Umfragewerten mit Le Pen gleichgezogen. Beide dürfen damit rechnen, bei der Wahl im April 11 Prozent der Stimmen zu erhalten. Anderen Umfragen zufolge hat Bayrou Le Pen sogar überholt und hält bei 14 Prozent. Er hofft nun auf eine Wende im Wahlkampf, der auf ein Duell zwischen Royal und Sarkozy, hinauszulaufen schien.