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3-Prozent-Grenze beim Budgetdefizit ist laut Faymann kein Heiligtum. | Keine Steuer- oder Beitragserhöhungen geplant. | Bundeskanzler Faymann hat den Kampf gegen die steigende Arbeitslosigkeit als wesentlichste Herausforderung der anhaltenden Finanzkrise bezeichnet. In der Fernseh-"Pressestunde" des ORF sagte Faymann, dass es zu keiner Zeit eine Stopp-Tafel im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit geben dürfe. Was das Maastricht-Kriterium von einer 3-Prozent-Obergrenze beim Budgetdefizit betrifft, sagte Faymann, dies sei kein Heiligtum. Man werde versuchen, sich beim Budgetpfad daran zu halten.
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Was ein mögliches weiteres Konjunkturpaket zur Ankurbelung der Wirtschaft betrifft, sagte der SPÖ-Vorsitzende, hier müsse man wie ein Feuerwehrmann vorgehen: "Soviel Löschwasser wie notwendig, um den Brand zu löschen, es kann auch mehr sein."
Das Auslaufen des Vertrages für den Regierungsbeauftragten in Sachen Lehrlingen, Egon Blum, verteidigte Faymann. Er habe schon in der Vergangenheit nichts von Regierungsbeauftragten gehalten. Wichtig sei es, dass sich alle an einen Tisch setzen.
Zum Thema Kassensanierung sagte der Kanzler, die vom Bund zugesagten 450 Millionen Euro seien lediglich eine Teilentschuldung. Mit der geringeren Mehrwertsteuer auf Medikamente gäbe es zusätzliche Mittel. Da der Finanzausgleich bis 2013 dauere, werde er ab 2011 die neuen Gespräche für eine Gesundheitsreform ab 2013 aufnehmen. Angesprochen auf Steuer- oder Beitragserhöhungen sagte Faymann, solche seien nicht Ziel und auch nicht geplant. Aber "ausschließen kann niemand etwas". Was eine mögliche Besteuerung von Vermögen betrifft, meinte der Bundeskanzler, er hätte gerne die Vermögen stärker und die Arbeit weniger belastet. Er könne aber mit der Situation, wie sie jetzt sei, leben.
Beim Thema Grundsicherung bzw. Mindestsicherung, die auf 2010 verschoben werden soll, glaubt Faymann, dass diese doch "vorher kommen müsse". Er hoffe, dass man Kärnten einbeziehen kann. "Ich habe nicht das Gefühl, dass den Kärntnern die Mindestsicherung weniger wert ist als den Wienern, und ich glaube, wir können mit Kärnten zu konstruktiven Gesprächen kommen."
Was den Dauerbrenner Einsparungen durch die Verwaltungsreform betrifft, meinte Faymann, man werde nicht die 100 Prozent der in den Raum gestellten fünf bis sieben Milliarden Euro erreichen. Allerdings gehe es darum, die Vorschläge nun Punkt für Punkt abzuarbeiten. Als Beispiel für eine langfristige Einsparung nannte er die Lehrer. Natürlich könne man nicht einen neuen Lehrer weniger zahlen und mehr Stunden aufbürden, aber da von den älteren Lehrern bis zur Hälfte in den nächsten Jahren in Pension gehe, sei das Budget so eingestellt worden, dass man zwar 2009 und 2010 sehr wenig Einsparungen habe, aber 2012 das Sparpotenzial wesentlich höher eingestellt sei.
Neuerlich legte Faymann ein Bekenntnis zur konstruktiven Zusammenarbeit mit dem Koalitionspartner ÖVP ab. "Wir betrachten niemand als Gegner."
Reaktionen auf Faymann
Lob vom Koalitionspartner ÖVP und Kritik der Opposition erntete Faymann. ÖVP-Klubobmann Karlheinz Kopf freute sich über das Bekenntnis von Faymann zum "ordentlichen Haushalten". Dagegen bezeichnete FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache den Kanzler als "falschen Mann am falschen Platz". BZÖ-Obmann Herbert Scheibner sprach von einer "inhaltslosen Plauderstunde" mit "Allgemeinphrasen" und der Grüne Klubvize Werner Kogler zeigte sich enttäuscht über den "mangelnden Gestaltungswillen und die Mutlosigkeit" von Faymann.
Kopf würdigte Faymanns Klarstellung, dass es in dieser Legislaturperiode keine neuen Steuern geben werde. Dies habe man den Steuerzahlern versprochen. Strache sagte wiederum, mit halbherzigen Maßnahmen sei niemandem geholfen. Im Gegensatz zu Faymanns Beteuerungen verwende die Regierung kein Löschwasser, sondern versprühe bloß winzige Tropfen im Kampf gegen die Wirtschaftskrise. Scheibner stieß sich daran, dass der Kanzler den Banken weiter Geld geben möchte, aber nicht bereit sei, Druck auszuüben, damit das Geld auch die Klein- und Mittelunternehmen weitergegeben werde. Kogler konzedierte zwar, dass ein drittes Beschäftigungspaket, wie es Faymann überlege, positiv sei, doch zeige sich, dass die ersten beiden Pakete offensichtlich zu kurz greifen und man daher nachbessern müsse.