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Parteitag auf den 25. Juni vorverlegt. Nachfolge wird kommende Woche beschlossen.
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Wien. "Rechnen Sie noch länger mit mir", hatte Bundeskanzler Werner Faymann noch vergangene Woche gesagt. Erst am Wochenende war man innerhalb der Partei noch bemüht, Einigkeit und Rückendeckung zu mimen. "Nein, davon gehe ich nicht aus", antwortete etwa Faymanns enger Vertrauter und Kanzleramtsminister Josef Ostermayer auf die Frage im Ö1-Mittagsjournal, ob Faymann bald Geschichte sei.
Dann ging es doch Schlag auf Schlag. Am Montagmittag legte Faymann schließlich nach einem Treffen mit den SPÖ-Landesparteichefs seine Ämter als Kanzler und SPÖ-Parteivorstand zurück. "Ich ziehe aus diesem zu geringen Rückhalt die Konsequenzen, lege meine Funktionen als Bundesparteiobmann und Bundeskanzler mit heutigem Tag zurück", sagte Faymann vor Journalisten. Vizekanzler Reinhold Mitterlehner übernimmt nun interimistisch die Kanzlerschaft.
Häupl übernimmt Führung
Wiens Bürgermeister Michael Häupl hat nach Faymanns Rücktritt interimistisch die Parteiführung übernommen. Ein entsprechender Beschluss wurde am Montagnachmittag im Parteivorstand gefasst. Die SPÖ-Parteispitze und die Gewerkschaft zeigten sich über Faymanns Rücktritt überrascht.
Die Fraktion Sozialdemokratischer GewerkschafterInnen (FSG) hatten sich am Montag getroffen, um in ihren Gremien über die Zukunft der Partei zu beraten, durchaus hitzig, wie es aus Gewerkschafterkreisen heißt. Man habe Faymanns Rücktritt in der Sitzung mittels Live-Übertragung mitverfolgt. Arbeiterkammerpräsident Rudolf Kaske, der die Sitzung vorzeitig verließ, wollte den Rücktritt nicht kommentieren und auch keine Spekulationen über einen möglichen Nachfolger anstellen. "Mich überrascht gar nichts mehr", sagte er.
Allein, so überraschend war der Abgang nicht und soll dem Vernehmen schon etwas länger geplant worden sein. Nach der Wahlschlappe des roten Bundespräsidentschaftskandidaten, Rudolf Hundstorfer - er kam mit gerade einmal 11,3 Prozent der Stimmen nicht in die Stichwahl - geriet Faymann innerhalb der Partei massiv unter Druck. Am 1. Mai wurde er beim sozialdemokratischen Hochamt am Wiener Rathausplatz ausgepfiffen. Die Basis machte ihn für das verheerende Wahlergebnis verantwortlich. In einem offenen Brief im "profil" forderte der steirische Gewerkschafter Josef Muchitsch: "Es ist Zeit, dass Werner Faymann loslässt."
Die öffentliche Personaldebatte, die die SPÖ eigentlich nicht führen wollte, befeuert auch der Salzburger SP-Chef Walter Steidl. Er forderte etwa eine Vorverlegung des Parteitags und eine Öffnung in Richtung FPÖ. Faymann hatte sich hingegen immer als Bollwerk gegen Rot-Blau inszeniert. Wie sein Vorarlberger Amtskollege, Michael Ritsch, war Steidl nicht zum Treffen der Landesparteichefs eingeladen.
Von der Sozialistischen Jugend und dem linken Flügel der SPÖ hagelte es zudem schon länger Kritik am Kanzler, etwa wegen des Umschwenkens in der Flüchtlingsfrage. Die Regierung hat ja ein strengeres Asylgesetz verabschiedet und sich auf eine Obergrenze/einen Richtwert für Asylanträge geeinigt. Die schärfere Gangart in der Asylfrage fand zwar in der Wählerschaft Zustimmung, innerhalb der Partei löste sie allerdings heftige Debatten bis hin zur Frage, ob man mit der FPÖ koalieren soll oder nicht und auf welchen Ebenen, aus. Auch die vermeintliche Rückendeckung der SPÖ-Granden, Wiens Bürgermeister Häupl und Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl, hat im Endeffekt nichts genutzt. Beide hatten sich vergangene Woche getroffen und sich über eine gemeinsame Vorgehensweise geeinigt.
Faymann traf als einer der letzten zur Sitzung des rund 70-köpfigen Parteivorstandes ein, nach 15 Minuten und mit Blumen bedacht verließ er sie wieder mit seinem Gefolge. Ein recht kurzer Abschied aus einem Gremium, dem er seit mehr als 20 Jahren angehörte. Danach hat Bundespräsident Heinz Fischer Faymanns Demissionierung unterschrieben und ihn damit seines Amtes als Bundeskanzler enthoben.
Kern als Nachfolger
Ein Name, der in Zusammenhang mit Faymanns Nachfolge besonders häufig fiel, war jener von ÖBB-Vorstand Christian Kern. Mehrere hohe SPÖ-Funktionäre, darunter Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser und Salzburgs Bürgermeister Heinz Schaden, haben sich für Kern als Kanzlernachfolger ausgesprochen. Nach Faymanns Abgang hat sich der Parteivorstand darauf geeinigt, den Parteitag auf den 25. Juni vorzuverlegen. Dann soll auch die Wahl des neuen Parteichefs erfolgen. Auf einen Kandidaten will man sich aber schon nächste Woche festlegen.
Mehr Zeit kann sich die SPÖ jedenfalls bei ihrer Entscheidung nicht lassen. Die Angelobung des neuen Kanzlers soll auf jeden Fall noch in die Amtszeit Fischers fallen. Denn die staatstragende Amtshandlung möchte man in der SPÖ keinesfalls einem, unter Umständen, blauen Bundespräsidenten Norbert Hofer überlassen. Hofer hatte zwar im Vorfeld angekündigt, Kern angeloben zu wollen. Diese Machtdemonstration möchte man dann doch keinem "Blauen" überlassen.