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Hauptaugenmerk auf Maßnahmen zur Bekämpfung der Wirtschaftskrise, auf mehr soziale Gerechtigkeit sowie auf das Bekenntnis zur Europäischen Union. | Bundeskanzler Werner Faymann hat in seiner ersten Regierungserklärung noch einmal das Verbindende beschworen. Einen gemeinsamen Nenner zu finden, sei das Wesen der Demokratie. Wenn zwei Parteien sich in allen Fragen diesen gemeinsamen Nenner zum Ziel machten, dann sei ihre Kraft nicht nur mit zwei sondern mit vier zu multiplizieren, sagte der SPÖ-Chef vor den Abgeordneten des Nationalrats und zahlreichen Besuchern wie etwa Bundespräsident Heinz Fischer, der sich auf der Besuchergalerie eingefunden hatte. | Die Opposition vermisst Visionen und Reformen
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Inhaltlich bot der neue Kanzler eine Revue des Regierungsprogramms. Hauptaugenmerk legte er auf Maßnahmen zur Bekämpfung der Wirtschaftskrise, auf mehr soziale Gerechtigkeit sowie auf ein Bekenntnis zur Europäischen Union.
SPÖ und ÖVP hätten sich dazu entschlossen, die Herausforderungen anzunehmen. Beide Partner hätten dabei ihren jeweiligen Standpunkt und es gebe auch Unterschiede. Was aber alle Mitglieder der Regierung verbinde, sei der Wille zur gemeinsamen Arbeit und die Bereitschaft zum politischen Kompromiss. So habe man bereits in den Wochen nach der Wahl gezeigt, die berechtigten Erwartungen der Österreicher erkannt zu haben: "Nun ist die präzise Arbeit das Gebot der Stunde."
Bei allem Ernst der Lage warnte Faymann vor allzu viel Pessimismus: "Wir dürfen ruhig ein wenig optimistischer sein, als uns die Kommentatoren weismachen wollen." Der Kanzler verwies in diesem Zusammenhang auf die bereits in Bewegung gesetzten Konjunkturpakete und die auf 2009 vorgezogene Steuerreform, die vor allem dem Mittelstand zu Gute kommen werde.
Besonders widmen will sich der SPÖ-Chef den sozial Schwachen, die durch die Finanzkrise nicht unverschuldet unter die Räder kommen dürften: "Das Erfolgskriterium der Politik muss der Mensch sein, und nicht der Umsatz oder der Gewinn." Für die Allerschwächsten der Gesellschaft versprach Faymann, dass die Mindestsicherung nun tatsächlich umgesetzt werde.
Nochmals pochte Faymann auf die Maßnahmen, die vor allem für die Familien geplant seien und betonte, dass die Reform des Gesundheitswesens für die Regierung "höchste Priorität" habe. Der Kampf gegen die Arbeitslosigkeit werde angegangen, Forschung und Bildung mehr Geld zur Verfügung gestellt. Zusätzlich werde der Ausbau der Kinderbetreuungsplätze vorangetrieben und der "erfolgreiche Modellversuch" der neuen Mittelschule weiterentwickelt.
Gleichzeitig versicherte der Kanzler, dass es eine Aufgabenreform geben werde, um die Entlastungsprojekte finanzieren zu können. Dazu werde eine Arbeitsgruppe mit Wifo-Chef Karl Aiginger, IHS-Chef Bernhard Felderer, zwei Landeshauptleuten, Finanzminister Josef Pröll (ÖVP) und ihm selbst eingerichtet.
Streng zeigte sich Faymann, was die künftige Zuwanderungspolitik angeht. Diese habe sich an Österreichs Interessen insbesondere am Arbeitsmarkt zu orientieren. Jede Zuwanderung setze auch ein klares Bekenntnis zur österreichischen Verfassungs- und Rechtsordnung voraus. Bei der "Außerlandesbringung" von illegal in Österreich aufhältigen Personen möchte der Regierungschef die Effizienz steigern.
Im Pensionsbereich bremste Faymann ein wenig. Ausdrücklich verwies er darauf, dass es nur eine Berichtspflicht aber keine Automatik für Maßnahmen gebe, wenn sich Lebenserwartung und andere Parameter verändern.
Breiten Raum in der Regierungserklärung nahm Faymanns Bekenntnis zur EU ein. Der SPÖ-Vorsitzende hob hervor, wie wirksam die Mitgliedschaft Österreichs in der Union gerade in der derzeitigen schwierigen Wirtschaftssituation sei. Von der EU erwartet er mehr Anstrengungen im Sozialbereich, aber auch gegen Klimawandel und für Umweltschutz. Das Thema Volksabstimmung ließ Faymann aus. Stattdessen nannte er als Ziel, den Vertrag von Lissabon, der "ein wichtiger und bewahrenswerter Schritt" sei, auch tatsächlich rasch in Kraft zu setzen.
Messen lassen will sich Faymann mit seiner Regierung unter anderem an Bemühungen, "Verbesserungen für jene zu erreichen, die dem Wettbewerb in einer globalisierten Wirtschaft am schutzlosesten ausgeliefert sind". Weitere Messlatten für ihn sind der Versuch, sämtliche vorhandenen Talente durch ein leistungsfähiges Bildungswesen zu fördern, sowie Alleinerzieherinnen die notwendigen Hilfen für die Organisation ihres Alltags bereitzustellen.
Angenommen wurde die 50-minütige Rede von den Abgeordneten von SPÖ und ÖVP mit höflichem, aber nicht gerade frenetischem Applaus. Die Opposition verweigerte dem neuen Kanzler geschlossen den Beifall. (APA)
Zum ThemaBiographien der Regierungsmitglieder
+++ Regierungsprogramm (PDF, 700 KB)