Berlin. Die FDP will in den Koalitionsverhandlungen mit der Union die Abschaffung von Hartz IV verlangen. "Wir wollen Hartz IV durch ein leistungsfreundlicheres und arbeitsplatzschaffendes Bürgergeld ersetzen", sagte der Finanzexperte der Liberalen, Hermann Otto Solms, der Tageszeitung "Die Welt".
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Solms wird als künftiger deutscher Finanzminister gehandelt. Er verwies darauf, dass es auch in der Union Befürworter eines solchen Systemwechsels in der Sozialpolitik gebe.
Die Einführung eines Bürgergelds hätte nach den Plänen der FDP zur Folge, dass alle Sozialleistungen, die sich aus Steuern finanzieren, zusammengefasst werden. Dazu zählt die Partei das Arbeitslosengeld II einschließlich der Leistungen für Wohnen und Heizung, das Sozialgeld, die Grundsicherung im Alter, die Sozialhilfe, der Kinderzuschlag und das Wohngeld.
Solms verspricht sich von der Reform weniger Bürokratie, eine geringere Missbrauchsquote sowie stärkere Anreize zur Arbeitsaufnahme. "Mit dem Bürgergeld können die Betroffenen ein jeweils höheres Nettoeinkommen erzielen", sagte er.
In der Vergangenheit hatten sich etwa auch Thüringens Nochministerpräsident Dieter Althaus (CDU) und der Direktor des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts, Thomas Straubhaar, für die Einführung eines Bürgergelds ausgesprochen.
662 Euro für Bedürftige
Das Bürgergeld, das Bedürftige als Pauschale vom Finanzamt erhalten sollen, soll 662 Euro betragen. Es soll an die Stelle aller bisherigen steuerfinanzierten Sozialleistungen treten, also unter anderem auch das Arbeitslosen- und Sozialgeld Hartz IV ablösen.
Das Bürgergeld, das auch in Teilen der Unionsparteien Befürworter findet, gehört schon seit Jahren zu den zentralen Forderungen der FDP in der Sozialpolitik und ist auch im Programm der Partei zur Bundestagswahl enthalten. Konkret sollen in der Pauschale zusammengefasst sein: das Arbeitslosengeld II einschließlich der Leistungen für Wohnen und Heizung, das Sozialgeld, die Grundsicherung im Alter, die Sozialhilfe (ohne Sozialhilfe in besonderen Lebenslagen), der Kinderzuschlag und das Wohngeld.
Das Bürgergeld soll nach den Vorstellungen der FDP im Unterschied zur derzeitigen Regelung grundsätzlich als Pauschale und auch nur noch von einer Behörde ausgezahlt werden, nämlich dem Finanzamt. Diese soll für einen Alleinstehenden ohne Kinder im Bundesdurchschnitt 662 Euro pro Monat betragen. Der Betrag entspricht laut FDP den heutigen durchschnittlichen Ausgaben für Grundleistung, Unterkunft und Heizung eines Empfängers von Arbeitslosengeld II.
Im Einzelfall kann sich also ein Hartz-IV-Bezieher mit dem Bürgergeld verbessern, wenn er neben dem vom Jobcenter ausgezahlten Regelsatz von 359 Euro für Alleinstehende nur geringe Erstattungen für Wohngeld und Heizung von den Gemeinden erhält. Aber er kann sich auch verschlechtern, wenn er relativ hohe Mieten und Heizkosten hat, die bisher mehr oder weniger voll erstattet wurden und dann nur noch mit der niedrigeren Pauschale abgegolten würden.
In die Berechnung des Bürgergelds einbezogen werden sollen nach dem Willen der FDP auch Steuer- und Kindergeldansprüche sowie gegebenenfalls Unterstützungsleistungen zur Kranken- und Pflegeversicherung. Voraussetzung für das Bürgergeld seien Bedürftigkeit und bei Erwerbsfähigkeit die Bereitschaft zur Aufnahme einer Beschäftigung. "Bei Ablehnung einer zumutbaren angebotenen Arbeit wird das Bürgergeld gekürzt", heißt es weiter im Bundestagswahlprogramm der FDP.
Durch das Bürgergeld solle die Aufnahme einer eigenen Erwerbstätigkeit stärker gefördert und anerkannt werden als bisher. Diesem Ziel dienen laut FDP-Forderung auch höhere Freibeträge bei eigenem Arbeitseinkommen. Pro Alleinstehendem soll ein Freibetrag von 100 Euro gewährt und bis zu 600 Euro jeweils 40 Prozent des Bruttoeinkommens nicht auf das Bürgergeld angerechnet werden. (APA)
Siehe auch:Das Problem des Wahlversprechens