Die US-Notenbank drosselt ihre Bondkäufe. Den Leitzins anheben will sie vorerst nicht - trotz erhöhter Inflation.
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Mitte November fällt der Startschuss: Da wird die US-Notenbank dann den Rückzug aus ihrem enormen Corona-Hilfsprogramm einleiten. Wie die Federal Reserve (Fed) am Mittwoch mit Blick auf das robuste Wirtschaftswachstum und die erhöhte Inflation beschlossen hat, ist geplant, die konjunkturstützenden Anleihenkäufe im aktuellen Volumen von 120 Milliarden Dollar pro Monat um 15 Milliarden Dollar, umgerechnet gut 12,9 Milliarden Euro, zurückzufahren.
Zieht die Notenbank diese Kürzungen Monat für Monat in voller Höhe durch, würde das Hilfsprogramm zur Jahresmitte 2022 auslaufen. Die jetzigen Pläne der US-Währungshüter stehen allerdings unter dem Vorbehalt, das Tempo der Drosselung bei Bedarf an die jeweilige volkswirtschaftliche Entwicklung anzupassen.
Am US-Leitzins ändert sich vorerst nichts
Die Finanzmärkte reagierten auf die Entscheidungen der Fed durchwegs freundlich. "Mit diesen Entscheidungen bewegt sich die US-Notenbank im Rahmen der Erwartungen", kommentiert Monika Rosen-Philipp, Chefanalystin der Unicredit Bank Austria. Aus ihrer Sicht leiten die Börsen aus den jüngsten Fed-Beschlüssen den "positiven Aspekt" ab, "dass die US-Wirtschaft stark genug ist, um einen Ausstieg aus dem Krisenmodus verkraften zu können".
Aus den - zusätzliches Geld in die Märkte pumpenden - Wertpapierkäufen wieder auszusteigen, ist das eine. Das andere wären aber auch Zinserhöhungen. Doch die lassen weiter auf sich warten, obwohl die Fed hier unter Druck steht, nachdem die Inflationsrate in den USA im September auf 5,4 Prozent gestiegen ist und damit - wie bereits im Juni und Juli - das höchste Niveau seit dem Jahr 2008 erreicht hat. Jedenfalls liegt die Teuerung derzeit deutlich über dem Fed-Zielwert von zwei Prozent.
Angesichts der hohen Energiepreise sowie anhaltender Lieferprobleme im Welthandel ist zuletzt immer deutlicher geworden, dass die erhöhte Inflation kein - wie von den US-Notenbankern zunächst angenommen - relativ rasch vorübergehendes Phänomen ist. Am Leitzins, der in der extrem niedrigen Spanne von 0,00 bis 0,25 Prozent liegt, will die Fed vorerst dennoch nicht rütteln.
Fed-Chef bleibt trotz Inflation gelassen
An den Märkten mehren sich unterdessen die warnenden Stimmen. "Die Beständigkeit der hohen Inflationswerte wird zum Problemfall", sagt etwa Peter De Coensel, CEO des global tätigen Vermögensverwalters DPAM. "Selbst die kleinste Inflationsüberraschung nach oben, die nicht dem Konsens entspricht, kann Schockwellen auslösen."
Die Fed bleibt indes gelassen. "Wir glauben nicht, dass es an der Zeit ist, die Zinsen anzuheben", erklärt ihr Chef, Jerome Powell. Trotz einer erheblich besseren Lage am US-Arbeitsmarkt gebe es immer noch Raum für Verbesserungen. Der Zeitpunkt einer ersten Zinserhöhung nach der Corona-Krise sei vor allem von der wirtschaftlichen Entwicklung abhängig, so Powell am Mittwoch. Sollte eine Anhebung angezeigt sein, werde die Fed nicht zögern. Setze sich die gute Entwicklung am Arbeitsmarkt fort, sei Vollbeschäftigung in der zweiten Jahreshälfte 2022 möglich (Vollbeschäftigung gilt neben Preisstabilität als zweites Ziel der Fed).
Christian Scherrmann, Ökonom bei dem zur Deutschen Bank gehörenden Vermögensverwalter DWS, sieht denn auch das zweite Halbjahr 2022 als potenziellen Zeitpunkt, "an dem die Fed bereit wäre, den nächsten Schritt in Richtung Normalisierung (mit Zinserhöhungen, Anm. d. Red.) zu vollziehen". Darauf deute das derzeitige Tempo der Reduktionen bei den Anleihenkäufen hin. Bank-Austria-Expertin Rosen-Philipp rechnet hingegen mit einer ersten Zinsanhebung in den USA weiterhin für das erste Halbjahr 2023. "Die Risiken gehen aber in Richtung einer früheren Anhebung", räumt sie ein.
Indes zitiert die Nachrichtenagentur Reuters Axel Angermann von der im Fondsmanagement tätigen Feri-Gruppe mit den Worten: "Eine echte geldpolitische Wende kann sich Fed-Chef Powell gar nicht leisten, weil mit deutlich höheren Zinsen die Finanzierung der immensen Staatsschulden gefährdet wäre."
EZB erteilt Zinsfantasien an Märkten erneut Absage
Währenddessen wird es in der Eurozone wohl noch länger als in den USA dauern, bis erstmals nach der Viruskrise wieder an der Zinsschraube gedreht wird. Mit einer Zinserhöhung schon im nächsten Jahr ist derzeit aller Voraussicht nach nicht zu rechnen, wie die Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB), Christine Lagarde, erst dieser Tage bekräftigte. Die EZB habe in ihrem geldpolitischen Ausblick drei Bedingungen genannt, die erfüllt sein müssten, bevor die Zinsen zu steigen beginnen.
"Trotz des gegenwärtigen Inflationsanstiegs bleibt der Inflationsausblick mittelfristig verhalten", so Lagarde. "Und daher ist es sehr unwahrscheinlich, dass diese drei Bedingungen im nächsten Jahr erfüllt sind." Wie die Fed hält auch die EZB den aktuellen Inflationsschub nur für ein vorübergehendes Phänomen. Inzwischen hat sie aber signalisiert, dass ihr Corona-Notprogramm Pepp - wie in den USA ein riesiges Ankaufsprogramm für Anleihen - im März 2022 enden dürfte.