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Zuletzt wurde im Publikumsrat des ORF, vermutlich das erste Mal seit Bestehen des Gremiums, über die Fehlerkultur im ORF diskutiert. Anlass war ein manipulativ wirkender TV-Beitrag über den Tiroler FPÖ-Chef, der sich scheinbar nicht von einem Nazi-Sager distanzierte. Später wurde bekannt, dass die Distanzierung dem Schnitt zum Opfer gefallen war. Die Wogen gingen hoch, der Fall wurde zur "smoking gun", die die FPÖ seither gerne präsentiert, wenn es darum geht, die Befangenheit von Teilen des ORF zu illustrieren. Dass sich der ORF erst nach einer allzu langen Schrecksekunde für den Beitrag entschuldigte, lässt auf einen mangelnden Umgang mit Fehlern schließen. Überall passieren Fehler: im ORF, im Journalismus, in der Bank, der Schule, der Fabrik. In der Politik sowieso.
Es wird also Zeit, den oft schon in der Schule antrainierten Reflex des Versteckens abzulegen und zu Fehlern zu stehen. Eine Richtigstellung ist nämlich nicht nur das Einlösen einer professionellen Schuld gegenüber dem Zuseher, sondern auch das beste Argument gegen absurde "Lügenpresse"-Theorien, denen durch Offenheit die Grundlage entzogen wird.
Dass nun die Chefredakteurin des ORF Tirol überraschend "aus privaten Gründen" den dringenden Wunsch hat, ein Jahr nach Amtsantritt nach Wien zu gehen und die Branche zu wechseln, ist ihr gutes Recht. Doch der Zeitpunkt ist schwierig und für den ORF ungünstig. So sieht es wie eine Abberufung aus, die man aber nicht benennen wollte. Also genau das, was man nicht will.