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Fehler im ÖGB-System

Von Veronika Gasser

Analysen

Hundstorfer muss nun die Bawag-Skandalsuppe auslöffeln. | Die Bawag-Affäre hat den Gewerkschaftsbund massiv ins Wanken gebracht. Die Skandale, die tröpfchenweise seit Oktober 2005 an die Oberfläche gekommen sind, zeigen in Bank wie ÖGB grobe Systemfehler auf - wie zum Beispiel mangelnde Transparenz und fehlende Demokratie.


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Hinter vorgehaltener Hand sprechen gewichtige Gewerkschaftsbosse schon davon, dass es einen Umbau geben muss. Doch wann, von wem und in welchem Ausmaß der Reformprozess in Angriff genommen werden soll, ist offen. Für alle steht fest, dass der neue ÖGB-Chef Rudolf Hundstorfer nur der Mann des Übergangs ist. Zu sehr haftet ihm das Image des blockierenden Gemeindebedienstetenvertreters an.

Auch wird von ÖGB-Granden kritisch gesehen, dass Hundstorfer enge Bande zu Ex-Finanzchef Günter Weninger hatte. Dies rührt aus der gemeinsamen Geschichte, denn Weninger war vor Hundstorfer Chef der Gewerkschaft der Gemeindebediensteten. So galten Ex-ÖGB-Boss Fritz Verzetnitsch, Hundstorfer und Weninger als eingeschworenes Trio. Für Kenner der Lage ist es daher kaum verwunderlich, dass die Wahl auf Hundstorfer fiel.

Er muss nun die Suppe auslöffeln, die Weninger und Verzetnitsch mit ihrem Alleingang der Haftung für die Bawag eingebrockt haben. Dass beide Ex-Bawag-Boss Helmut Elsner nach dem Auffliegen der skandlösen Spekulationsgeschäfte nicht mit nassen Fetzen davon gejagt, sondern mit einem gut dotierten Lotterien-Vorstandsvertrag belohnt haben, ist für viele unentschuldbar und unerklärlich. Es sei denn, Elsner konnte Druck ausüben.

Nach dem öffentlichen Geständnis Weningers soll dem Fädenzieher im ÖGB, Metaller-Chef Rudolf Nürnberger, der Kragen geplatzt sein. Er war empört, nicht über das wahre Finanzdesaster informiert worden zu sein. Angeblich hat er in der entscheidenden Sitzung Verzetnitsch nahegelegt, sofort den Hut zu nehmen.

Niemand außer Hundstorfer war bereit, sich für den ansonsten begehrten Posten anzubieten. Denn noch immer ist unklar, welche weiteren höchst peinlichen Details - über sich am Gewerkschaftseigentum bereichernde Bankenbosse, Söhne von Ex-Bankenbossen oder deren amerikanischen Freunde - an die Oberfläche geschwappt werden. Der Prozess gegen Ex-Refco-Chef Philip Bennett ist Mitte Oktober. Es könnte sein, dass er die Bawag und damit auch den ÖGB noch tiefer in den Sumpf zieht, als deren Vertretern lieb ist.

Unbeantwortet ist, wieso Wolfgang Flöttl, Sohn des legendären Ex-Bawag-Chefs mit Hang zur Maßlosigkeit, jahrelang unbehelligt über das angeblich von der Gewerkschaftsbank konfiszierte Vermögen uneingeschränkte Verfügungsgewalt hatte. Viele offene Fragen, für die keine Lorbeeren zu ernten sind, sind vom Interimschef zu klären. Seinem Nachfolger sei geraten, die für alle Mitglieder brennenden Probleme des verkrusteten Systems ÖGB nicht mehr unter den Teppich zu kehren.