Seit Wochen berichten die Medien von einem Kopf-an-Kopf-Rennen in den Meinungsumfragen für die Nationalratswahl am kommenden Sonntag. Für die Parteien geht es in diesen Tagen nun darum, die große Zahl unentschlossener Wähler auf ihre Seite zu ziehen. Die "Wiener Zeitung" sprach mit den beiden Politikberatern Christian Scheucher und Peter Köppl über die möglichen Wege zu diesem Ziel.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 22 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Die Zahl der unentschlossenen Wähler ist - glaubt man den Zahlen, die die SP-nahe Sozialwissenschaftliche Studiengesellschaft (SWS) gestern präsentiert hatte - mit 24 Prozent so groß wie nie zuvor. Also heißt es nun in allen Wahlkampfzentralen: Laufen bis zum Umfallen, denn noch ist nichts entschieden!
"Jetzt muss jeder Handgriff sitzen, darf kein Fehler mehr passieren", ist sich Christian Scheucher sicher. Denn: "Für allfällige Fehlerkorrekturen ist die Zeit jetzt viel zu knapp." Dies gelte auch für sachpolitische Themen oder weitere personell Überraschungen, gibt sich Scheucher überzeugt. Beide bräuchten eine gewissen "Sickerzeit", die nun nicht mehr vorhanden sei. Einzige Ausnahme: Ein wirklicher "Superstar", der keine große Einführung in die politische Arena mehr brauche.
Peter Köppl rät den Parteien, sich jetzt völlig auf den Tag der Wahl zu konzentrieren. Bis jetzt sei es darum gegangen, inhaltliche Botschaften zu kommunizieren, nun gehe es darum, die Sympathisanten auch tatsächlich zur Wahlurne zu bringen. Ob dies mit Hilfe von verstärktem "negative campaigning" gelingen kann, bezweifelt Köppl. Er sieht darin in erster Linie ein negatives Signal an die Wähler.
Personen im Vordergrund
Einig sind sich Köppl und Scheucher, dass in den letzten Tagen vor der Wahl die Personen im Vordergrund stehen. Wähler, die sich bei ihrer Wahlentscheidung an Sachinhalten orientieren, hätten ihre Entscheidung schon längst getroffen. Die "entscheidenden Impulse", so Scheucher, kämen nun von den Gesichtern.
Die TV-Diskussion der vier Spitzenkandidaten am Donnerstagabend biete hier den Kandidaten noch einmal eine wirkungsvolle Plattform, so Köppl. Nach Ansicht Scheucher werden sich die Kandidaten jedoch eher gegenseitig neutralisieren. In einer so großen Runde würden sowohl Stärken als auch Schwächen der einzelnen Politiker nicht so stark zur Geltung kommen. Einzige Ausnahme: Ein grober Fehler oder eine eindeutige Aussage, die so zuvor noch nie gehört wurde.
Für die beiden kleineren Parteien FPÖ und Grüne gehe es nun darum, sich als Alternativen zu positionieren. Ansonsten würden sie von der medialen Dominanz von SPÖ und ÖVP erdrückt werden, glaubt Köppl. Sie müssten nun aufzeigen, dass eine Stimme für sie keine verlorene Stimme sei.