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Fehlkonstruktionszentrum

Von Reinhard Göweil

Leitartikel
Chefredakteur Reinhard Göweil.

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Österreich würde ein "Zentrum für Inter-Regierungsparteien-Dialog" benötigen. Das zeigt ein Blick auf die Auseinandersetzung zwischen SPÖ und ÖVP rund um das König-Abdullah-Zentrum. Die SPÖ will es schließen, die ÖVP will es erneuern. Die Volkspartei meint, eine Schließung würde den internationalen Standort Wien gefährden, überlässt die Entscheidung aber Kanzler Werner Faymann. Die Sozialdemokraten prangern die Menschenrechtsverletzungen in Saudi-Arabien an und schieben die Entscheidung zurück zu Außenminister Sebastian Kurz.

Das alles vor der staunenden Öffentlichkeit, folglich auch dem diplomatischen Corps in Wien und natürlich den Partnern im Dialog-Zentrum, Saudi-Arabien und Spanien (der Vatikan muss wohl informell auch gefragt werden, da er beim Abdullah-Zentrum Pate stand). Ein guter Teil des möglichen Schadens ist also gemacht.

Denn die Hackln dabei fliegen tief. Der in den Medien verteilte Bericht des Außenministers an den Bundeskanzler suggeriert, dass eine Schließung des Zentrums auch wirtschaftlichen Schaden anrichten würde - und verweist auf saudische Großaufträge für die heimische Industrie, beispielsweise für Rosenbauer.

Gleichzeitig sagt aber auch die ÖVP, das interreligiöse Zentrum sei neu auszurichten. Wenn die Partner der völkerrechtlichen Konstruktion da nicht mitspielen, wird allerdings nix draus. Und für Rosenbauer wären solche Verhandlungen mit den finanzierenden Saudis auch kein Turbo.

Richtig ist der Hinweis des Außenministers, dass die Menschenrechtssituation in Saudi-Arabien Ende 2012, als das Zentrum die Arbeit begann, auch nicht besser war. Erst der weltweite Aufschrei wegen der Auspeitschung eines saudischen Bloggers löste den Koalitionsstreit aus.

Diese Auspeitschung ist abscheulich, genau wie die Enthauptungen, auch wenn sie laut der abgetretenen Claudia Bandion-Ortner eh nicht jeden Freitag stattfinden. Die glücklose Ex-Ministerin war von der Volkspartei im Abdullah-Zentrum versorgt worden, wie das ganze Projekt überhaupt eine ÖVP-Idee war. Die SPÖ hat allerdings immer brav zugestimmt, kann sich also der Verantwortung dafür nicht entziehen.

Das gesamte Projekt steht unter einem unglücklichen Stern. Dass die Regierung offen streitet und nicht gemeinsam eine Lösung präsentiert, ist der eigentliche Schaden daran. Vor allem international. Rosenbauer wird’s überleben.