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Auch das österreichische TV-Wochenende wurde je nach Sichtweise von der Fußball-Europameisterschaft erhellt oder überschattet. Jedenfalls war das Finale am Sonntag nicht nur für die eingefleischten Fußballfans unter den 1,6 Millionen ORFeins-Zusehern ein meist spannendes Vergnügen, wobei vor allem die exakten Muster des Spiels der Spanier bestechend waren. Mediale Megaereignisse wie die EM verursachen aber oft auch Kollateralschäden. So geschehen am Donnerstag, als die journalistische Ikone Hugo Portisch auf Ö1 in einen aussichtslosen Quotenkampf mit dem Fußball geschickt wurde. Es ist unerfindlich, warum man sein Gespräch mit Michael Kerbler ausgerechnet mitten ins EM-Semifinale (1,2 Millionen Zuseher) platzieren musste. Auch Fußball-Interessierte sind keine Troglodyten, sondern Bürger, die sich sehr wohl ihr eigenes Bild vor allem ihrer Zukunft in einem krisengeschüttelten Europa machen wollen. Und da hätten wohl mehr Interessierte Denkanstöße von Portischs glasklarer Analyse empfangen und sich an seinem realistischen Optimismus orientieren können. Die Fehlprogrammierung der Portisch-Sendung ist aber kein Zufall, sondern symptomatisch für die Sicht- und Handlungsweise der ORF-Führung. Nicht genug damit, dass er Ö1, den zuhörerstärksten Hörfunkkultursender Europas, außerhalb Österreichs verstummen ließ, will Generaldirektor Wrabetz nun auch die fruchtbare Symbiose von Ö1, FM4 und Radio Wien durch deren Absiedlung aus dem Funkhaus zerstören.