Zum Hauptinhalt springen

Fehlschlag

Von Michael Schmölzer

Politik

Die saudische Luftoffensive hat ihre Ziele nicht erreicht. Die von Iran unterstützen Huthi-Rebellen wurden nicht zurückgedrängt.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 9 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Sanaa. Saudi-Arabien hat das Ende der Luftangriffe auf den Jemen verkündet - die Militäroperation "Sturm der Entschlossenheit" sei vorbei, hieß es aus Riad. Die Ankündigung, die auf Druck der USA erfolgt sein dürfte, bedeutet allerdings nicht, dass die Kämpfe beendet sind. Am Mittwoch wurde ein Militärstützpunkt in Taiz, den die schiitischen Huthi-Rebellen nach erbitterten Gefechten eingenommen haben, aus der Luft bombardiert. Und auch wenn die Saudis ihre Angriffe künftig tatsächlich einstellen sollten, ist das Armenhaus der Arabischen Halbinsel von einer Waffenruhe weit entfernt. Die Kämpfe zwischen Huthi-Milizionären, mit ihnen verbündeten Armee-Einheiten und Anhängern des gestürzten Präsidenten Abd Rabbu Mansour Hadi gehen mit unverminderter Härte weiter. Gefechte gab es gestern in den strategisch wichtigen Städten Aden und Taiz sowie in Houta und Daleh. Die Zahl der Todesopfer ist unbekannt.

Die Bilanz nach knapp vier Wochen saudischer Luftangriffe fällt mehr als trüb aus, darüber können die Propaganda-Floskeln aus Riad nicht hinwegtäuschen. Die anvisierten Ziele wurden klar verfehlt:

Die saudisch geführte arabische Militärallianz flog ab dem 26. März mehr als 2000 Luftangriffe, trotzdem haben die Huthi-Rebellen kaum Territorium verloren. Sie kontrollieren immer noch die Hauptstadt Sanaa und große Teile des bergreichen Westens. Der von den Huthis entmachtete Präsident Hadi muss im saudischen Exil ausharren.

Der saudischen Luftwaffe ist es zwar gelungen, einige Waffenarsenale der Armee, die den Huthis in die Hände gefallen waren, spektakulär in die Luft zu jagen. Es wurde dabei unter anderem von den USA gelieferte "Präzisionsmunition" verwendet. Von Präzision kann aber keine Rede sein. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO sind in den letzten Wochen mehr als 900 Zivilisten getötet und 3500 verletzt worden. Die Kampfjets bombardierten Flüchtlingscamps, ein Lebensmittellager der Hilfsorganisation Oxfam und töteten allein am Montag beim Angriff auf Sanaa 25 Zivilisten. Tausende sind auf der Flucht. Die "Kollateralschäden" wurden schließlich auch den USA zu viel, Washington dürfte Druck ausgeübt haben, die Luftschläge zu beenden. Die saudische Einwilligung wurde von der US-Regierung umgehend begrüßt. Ob sich Riad daran hält, ist offen.

Die größte Niederlage erlitten die Saudis, die die mit dem Iran verbündeten Huthis aus strategischen Gründen ausschalten wollen, an der diplomatischen Front. Denn die Militärallianz unter saudischer Führung besteht hauptsächlich auf dem Papier. Einige Regierungen sind ausgeschieden, andere beteiligen sich nur symbolisch. Pakistan etwa hat die Entsendung von Bodentruppen höflich, aber bestimmt ablehnt. Auch der Sudan oder Marokko sind nur halbherzig mit von der Partie. Denn der Jemen hat sich schon öfter in der Geschichte als Sargnagel für Invasoren erwiesen. Dass die arabische Militärkoalition als Vorbild für weitere gemeinsame arabische Unternehmungen dienen könne, wie Riad verkündet, ist reine Propaganda.

Wie die Operation "Wiederherstellung der Hoffnung", die auf "Sturm der Entschlossenheit" folgt, aussehen wird, ist ungewiss. Ein Sprecher der arabischen Koalition meinte jedenfalls, dass die bisherigen Luftangriffe erfolgreich gewesen seien und von den Huthi-Rebellen nun keine Gefahr für die umliegenden Staaten mehr drohe. Ab jetzt gehe es darum, weitere Vorstöße der Rebellen zu verhindern, Zivilisten zu schützen und Hilfsbemühungen zu unterstützen. Es könnte weitere Militäreinsätze geben, wenn die Befehlshaber das für nötig hielten. Der neue saudische König Salman ordnete die Mobilisierung der Nationalgarde an - das nährt Erwartungen, dass man zu einer Bodenoffensive übergehen könnte. Bis dato blieben derartige Ankündigungen aber immer folgenlos und es drängt sich der Eindruck auf, dass es einen durchdachten Plan nicht mehr gibt. Denkbar sind in Zukunft einzelne, eng umgrenzte Kommandoaktionen saudischer Truppen. Etwa, um die strategisch wichtige Metropole Aden am Eingang des Roten Meeres und die dortigen Hafenanlagen zu sichern.

Der Iran, die USA und Hadis Vorgänger im jemenitischen Präsidentenamt, Ali Abdullah Saleh, fordern, dass es für den Jemen eine Lösung auf dem Verhandlungstisch gibt. Ein Kompromiss könnte so aussehen, dass Hadi seinem Vize Khaled Bahah Platz macht. Der 50-Jährige gilt als Politiker, den auch die Huthis an der Spitze des Staates akzeptieren könnten. Es ist aber wenig wahrscheinlich, dass Riad nach vier Wochen Krieg eine Regierung in Sanaa akzeptiert, in der die Rebellen maßgeblich mitreden.

Unterdessen wird der Golf von Aden immer mehr zum militärischen Aufmarschgebiet. Sieben US-Kriegsschiffe kreuzen dort, der Flugzeugträger "USS Theodore Roosevelt" und zwei Begleitschiffe sind auf dem Weg. In den Gewässern befindet sich auch ein iranischer Kreuzer plus ein iranisches Versorgungsschiff. Es gibt Berichte, wonach sie iranischen Frachtern, die Waffen für die Huthi-Rebellen an Bord haben, Geleitschutz geben sollen. Die USA gehen davon aus, dass die Huthis vom Iran auch über den Luftweg mit Waffen versorgt werden.