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Eine seltsame, fast feierliche Stille lag am Freitag über Rom. In der Ewigen Stadt war überall Betroffenheit zu spüren, keines der sonst normalen Hupkonzerte im römischen Verkehrschaos.
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Die Prachtstraße "Via della Conciliazione", die geradewegs auf den Petersdom zuführt, wurde für Autos gesperrt und war bereits am Morgen von tausenden Menschen bevölkert. Wie in einem andächtigen Pilgerzug bewegten sie sich in Richtung Petersplatz, unter das Fenster der päpstlichen Privatgemächer.
"Wir wollen in dieser Stunde in der Nähe des Papstes sein. Eine der größten Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts verdient die Präsenz von allen - Katholiken und Nicht-Katholiken", sagte eine Studentin aus Rom, die mit mehreren Freunden die ganze Nacht auf dem Petersplatz ausgeharrt hatte. Am Tag der großen Bestürzung, an dem sich die Nachrichten über den Zustand von Johannes Paul II. überstürzten, strahlte über Rom die Sonne vom knallblauen Frühlingshimmel - aber alle Welt befand sich eher in grauer Regen-Stimmung.
Neben Gläubigen und Touristen hatten sich rund um den Vatikan auch unzählige Journalisten in Stellung gebracht, Kamerateams verfolgten die Ereignisse Minute für Minute. "Was für ein großer Papst. Was der so alles bewegt hat", meinte ein Ehepaar aus Osnabrück. Sie hätten den Kirchenführer noch am vergangenen Mittwoch gesehen, als er sich bei der Generalaudienz in einem bewegenden Auftritt zum bisher letzten Mal den Gläubigen gezeigt hatte. Die Verschlechterung seines Gesundheitszustandes, seine Schwäche und sein Leiden waren bei dieser Gelegenheit aber bereits nicht mehr zu übersehen.
Tränen und Gebete
Viele Menschen waren schon kurz nach Bekanntwerden der dramatischen Zuspitzung in tiefer Nacht zum Petersplatz geeilt. Überall beteten Gruppen von Katholiken für den Papst, viele Menschen brachen in Tränen aus. Das Fernsehen brachte seit der Nacht ständig Sondersendungen oder unterbrach seine Programme. "Der Papst hat seine Mission mit Heiterkeit bis zu Ende geführt", meinte ein Römer, der den ganzen Tag im Vatikan bleiben wollte. Es war kein Tag wie jeder andere in Rom, es war der Tag der Betroffenheit, der Bestürzung und des Betens. dpa