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"Spaziergang" statt verbotener Demonstration
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Ob man auf den Maiaufmarsch geht oder nicht, ist eine persönliche Entscheidung. Vor 80 Jahren war das anders. Am ersten Mai 1933 waren sämtliche Versammlungen der Arbeiterschaft in Österreich verboten.
1933 errichtete die christlichsoziale Bundesregierung eine ständestaatliche Diktatur. Als Vorwand diente ihr dazu der Rücktritt aller drei Nationalratspräsidenten bei der Sitzung vom 4. März 1933. Als sich die Abgeordneten am 15. März 1933 wieder versammeln wollten, wurden sie von der Polizei im Auftrag am 15. März 1933 von Bundeskanzler Engelbert Dollfuß daran gehindert. Unter dem propagandistischen Vorwand von der "Selbstausschaltung des Parlaments" führten Bundeskanzler Engelbert Dollfuß und Justizminister Kurt Schuschnigg also einen Putsch durch und beschritt in der Folge den Weg in die austrofaschistische Diktatur.
Die Maifeier und die Demonstrationen der Sozialisten (SDAP) und der Kommunisten (KPÖ) zum 1. Mai 1933 wurden verboten. Der Ring glich einem Heerlager, vor der Oper waren Maschinengewehre postiert. Daraufhin gingen die Wiener Arbeiter auf den Hauptstraßen der Bezirke spazieren.
Im Praterstadion sprach Bürgermeister Karl Seitz zu 70.000 Menschen. Auch in anderen österreichischen Städten fanden ähnliche "Spaziergänge" statt.
Die KPÖ hielt in einigen Bezirken trotz des Verbots Kundgebungen ab. Der Staatssekretär für das Sicherheitswesen Emil Fey ließ ab dem 2. Mai hunderte Funktionäre der Kommunisten wegen angeblicher Pläne zum Sturz der Regierung verhaften und zahlreiche Razzien in Parteilokalen durchführen. Zum Dank für sein Vorgehen gegen die Arbeiterbewegung wurde er am 10. Mai von Dollfuß zum Minister befördert. Am 21. September wurde er zudem Vizekanzler.
Abgesehen von der symbolischen Demonstration am 1. Mai war die Sozialdemokratie allerdings gelähmt. So sammelte sie eine Million Unterschriften für eine Petition für die Wiedereinführung des Parlaments.
Der schwache Bundespräsident Wilhelm Miklas reagierte darauf ebensowenig wie auf die laufenden Verfassungsbrüche der Regierung. Statt für demokratische Verhältnisse zu sorgen, ließ er zu, dass Dollfuß und Fey den Verfassungsgerichtshof ausschalteten und eine Diktatur errichteten. Einzig in seinem Tagebuch naotierte er: "Ist das noch ein Rechtsstaat? Nach der Zerstörung des Parlaments jetzt auch noch die Zerstörung des Verfassungsgerichtshofs. Das soll ein katholisches Gewissen aushalten."