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Feigenblatt aus dem Archivkeller

Von Judith Belfkih

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Österreich bekommt einen neuen Kultursender - ORF3, nicht zu verwechseln mit Ö3. Bildung, Kunst, Europa, Diskussionen und eine Serviceschiene sind geplant. Sogar die Philosophie darf ein Platzerl haben. Und der durch so viel Kultur vom Sendeplatz vertriebene Sport bekommt auch seinen eigenen Spartenkanal. Alles wunderbar, die Welt ist gut und wird jeden Tag besser. Die Kulturnation jubelt dennoch nicht.


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Prinzipiell ist dieser Wandel in der ORF-Kulturpolitik natürlich begrüßenswert. Gegen mehr Kunst im Fernsehen lässt sich nichts sagen. Frühere ORF-Kulturchefs haben zu den späten Sendeplätzen von Kultur nicht mehr als ein schlichtes "der Videorekorder ist bereits erfunden" als Antwort gewusst. Doch bei aller Freude hinterlässt das Projekt doch einen fahlen Nachgeschmack. Es riecht verdächtig nach Kultur-Ghetto. Und das aus den Keller-Archiven.

Denn neu ist auf den neuen Sendeplätzen vorerst wenig, bespielt wird der Platz mit Wiederholungen zu besserer Sendezeit und mit dem Heben von gut abgehangenen Schätzen aus dem reichen ORF-Fundus. Skeptiker sehen in der Umstrukturierung eine Ausgliederung von Niveau und den endgültigen Niedergang des ORF-Programms. Der öffentlich-rechtliche Auftrag wird zum Feigenblatt gestutzt. Und ORF1 und ORF2 können herrlich befreit einen nächsten Schritt in Richtung Privatfernsehen machen.

Siehe auch:Aus zweieinhalb mach drei