"Thema" und ZiB2 im ORF; "Brennpunkt" und Tagesschau im ARD: Schon am Montag hatten die Sender Experten eingeladen, die über die Gefahren einer Kernschmelze im Atomkraftwerk von Fukushima aufklären sollten. Doch keiner von ihnen tat es. Während die Reporter vor Ort ständig mit neuen Hiobsbotschaften aufwarteten, hielten sich die Atom- und Strahlenschutzforscher daheim mit dem Feigenblatt der Panik-Vermeidung bedeckt.
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Während also Bundesbürger sich vor Apothekern um Jod-Tabletten anstellten und die deutsche Regierung beschloss, Atomkraftwerke auf das Drängen ihrer Wähler abzuschalten, meinte ein Fernseh-Gelehrter nach dem anderen mit der schwankenden Stimme eines jenen, dem der Reporter die falsche Frage stellt: "Derzeit gibt es keinen Anlass zur Beunruhigung." Oder: "Die Radioaktivität bei den Reaktoren ist nur leicht über der Norm, Mitteleuropa wird Radioaktivität wenn überhaupt nur stark abgeschwächt erreichen, das Ganze passiert ja 9000 Kilometer entfernt." Und dass man ruhig nach Thailand in den Osterurlaub fahren könne, jedoch nach Tokyo nur aus beruflichen Gründen, sagte etwa der Experte in der ZiB2. Einen Tag später flüchten Zehntausende aus Tokyo aus Angst vor einer Atomkatastrophe, bricht in Fukushima erneut Feuer aus und ist die Strahlung vor Ort gesundheitsgefährdend. Endlich klärte am Mittwoch im ARD-Morgenmagazin der Chef des Deutschen Strahlenschutzes auf, dass in Europa kein Grund zur Panik bestehe, Radioaktivität jedoch über den Fischbestand in die Nahrungskette gelangen könne. Wie wahr. Dass japanische Medien kalmieren, mag kulturell bedingt sein. Dass die hiesigen jedoch einem Volk, das die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl erlebt hat, Halbwahrheiten auftischt, ist unverständlich.