Zum Hauptinhalt springen

Feilschen um Klimaschutz: Gewitterwolken aus Osten

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Europaarchiv

Neue Mitgliedsländer wollen andere Lastenverteilung. | Österreich würde mehr abverlangt. | Brüssel. Im Feilschen um die Lastenteilung zur Erreichung der EU-Klimaschutzziele bildet sich eine Front im Osten: Gemeinsam mit sechs weiteren neuen Mitgliedsländern präsentiert Ungarn beim Treffen der Umweltminister in einer Woche ein neues Konzept, dass die Karten völlig neu mischen soll. Vor allem Österreich, Spanien, Italien und Luxemburg würden weit mehr Anstrengungen abverlangt als nach den Vorschlägen der EU-Kommission.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 16 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Die Neuberechnung sei notwendig, um den "Prinzipien der Fairness und der Solidarität" ausreichend Rechnung zu tragen, heißt es in den von Bulgarien, Rumänien, der Slowakei und den baltischen Staaten unterstützten Vorschlägen, die der "Wiener Zeitung" vorliegen. So habe die EU ursprünglich vereinbart, ihren CO2-Ausstoß bis 2020 um 20 Prozent gegenüber 1990 zu reduzieren. An der 7,9-prozentigen Senkung der Emissionen seither seien aber nur rund die Hälfte der Mitgliedsstaaten beteiligt gewesen - davon neun Länder, die ab 2004 beigetreten sind. Die von der Kommission vorgeschlagene Lastenverteilung trage diesen Vorleistungen nicht genügend Rechnung, so die Kritik.

So schlagen die Ungarn eine Koppelung der EU-Regeln an die Kyoto-Ziele vor, was Österreich massiv treffen würde: Gegenüber den Zielmarken für 2012 sollten alle Mitgliedsstaaten pauschal 18 Prozent reduzieren. Das bedeutete für Österreich eine zusätzliche Reduzierung der Treibhausgasemissionen von 24 Prozent gegenüber den Kommissionsvorschlägen. Die splitten die nationalen Belastungen in die Reduktionsziele von minus 21 Prozent für die Industrie einerseits und minus zehn Prozent für Bereiche wie Verkehr sowie Heizen und Kühlen von Gebäuden andererseits. Die Industrieemissionen sollen über den Emissionshandel heruntergefahren werden. Als Basisjahr gilt dort das für Österreich angenehme 2005. Denn seinem Kyoto-Ziel von Minus 13 Prozent CO2 gegenüber 1990 hinkt das Land dramatisch hinterher - rund 17 Prozent Plus verzeichneten die Österreicher seither. Schon die Kommissionsvorschläge verlangen ihnen das Äußerste ab.

Geschickt berechnet

Nicht überraschend an den neuen Vorschlägen ist die dramatische Entlastung der neuen Mitgliedsstaaten gegenüber den Kommissionsvorschlägen: 39 Prozent mehr CO2 dürfte etwa Estland ausstoßen, 31 Prozent Bulgarien, immer noch 17 Prozent Rumänien und elf Prozent springen für den Initiator Ungarn heraus. Sympathien für das Alternativkonzept soll auch Polen haben (neun Prozent Erleichterung).

Geschickt an den Berechnungen der Ungarn ist, dass große Länder wie Frankreich und Großbritannien gegenüber dem Kommissionskonzept profitieren würden - weil sie nach Budapester Lesart seit 1990 so viele Vorleistungen erbracht haben. Denn die sieben Länder liegen weit unter dem notwendigen Stimmgewicht, um Entscheidungen der EU blockieren zu können.