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Feilschen ums EU-Geld

Von Martyna Czarnowska

Politik

Die EU-Kommission wünscht sich weitere Beiträge von den Staaten, doch die sind abweisend.


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Nein, mehr Geld werde es nicht geben. Der Bundeskanzler wiederholte am Freitag, was sein Finanzminister wenige Tage zuvor erklärt hatte: Dem Wunsch der EU-Kommission an die Mitgliedstaaten, mehr ins EU-Budget einzuzahlen, könne Wien nicht nachkommen. Vielmehr sei die Verwendung schon vorhandener Mittel "prioritär zu setzen", meinte Karl Nehammer im Ö1-"Morgenjournal". Zuvor hatte Minister Magnus Brunner betont, Österreich könne als Nettozahler einer Aufstockung der Beiträge nicht zustimmen.

Es könnte der Auftakt zu einem Feilschen sein, das ansonsten seinen Höhepunkt alle sieben Jahre erreicht. So lange läuft nämlich die Finanzierungsperiode des Unionshaushalts. Zwar wird jedes Jahr ein EU-Budget beschlossen, doch wird eben alle sieben Jahre der große Ausgabenrahmen fixiert, zuletzt im Juli 2020 nach tagelangen Verhandlungen der EU-Staats- und Regierungschefs in Brüssel. Diese einigten sich auf einen Gemeinschaftsetat in Höhe von 1,1 Billionen Euro bis 2027.

Unmut der Nettozahler

Wie immer bei diesen Gesprächen prallten verschiedene Interessen aufeinander. EU-Kommission und -Parlament wünschen sich üblicherweise mehr Geld für die Union, als die Mitgliedstaaten gewillt sind, bereitzustellen. Die Länder selbst gewichten unterschiedlich: Sind für die einen Infrastrukturförderungen prioritär, sind in anderen die Zuwendungen für die Agrarwirtschaft ausschlaggebend. Und dann gibt es die Gruppe der Nettozahler, die mehr Mittel in den gemeinsamen Haushalt fließen lassen, als sie daraus erhalten, und die bei Mehrausgaben skeptisch sind. Wobei alle davon profitieren, wenn sich das wirtschaftliche und soziale Gefälle innerhalb der Gemeinschaft verringert.

Dass diese Debatte nun wieder aufkommt, hängt nicht zuletzt mit dem Krieg in der Ukraine zusammen. Die EU-Kommission hat Anfang der Woche eine Halbzeitbewertung des Finanzrahmens vorgenommen und festgestellt, dass mehr Geld nötig sei - zur Unterstützung der Ukraine, aber auch für eine Migrationsagenda, auf die einige EU-Staaten selbst drängen. Die Mittel, die vor drei Jahren, in einer völlig anderen Situation als jetzt, zugesagt worden seien, reichten nicht aus, argumentierte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Sie forderte die Mitgliedsländer auf, 66 Milliarden Euro bereit zu stellen, wovon 50 Milliarden Euro der Ukraine zugutekommen sollen.

Staaten wie Österreich und die Niederlande haben dem prompt eine Absage erteilt. Auch der deutsche Finanzminister Christian Lindner plädierte dafür, "existierende Spielräume" und "Restrukturierungen im Haushalt" zu nutzen statt "zusätzlichen Finanzbedarf anzumelden". Nehammer pocht ebenfalls darauf: Es könnte ja Umschichtungen bei den Fördertöpfen geben. Einsparungspotenzial ortete der Kanzler außerdem bei der Verwaltung.

Brüche in Migrationspolitik

Die Länder verweisen auf ihre eigene "angespannte Haushaltslage", die Energiepreiskrise und die Inflation sowie die Auswirkungen der Corona-Pandemie, die etliche finanzielle Rettungspakete nötig gemacht habe. Gleichzeitig wollen sie aber nicht ihre Unterstützung für die Ukraine aufgeben.

Dabei befinden sich jedoch einige in der Zwickmühle. Polen etwa, das dem Nachbarland nicht nur mit Waffenlieferungen hilft, sondern auch Millionen geflohene Menschen aufgenommen hat, sorgte mit dem Ruf nach Exportbeschränkungen für ukrainisches Getreide für Unmut bei manchen westeuropäischen EU-Staaten. Die Regierung in Warschau aber hörte gleichzeitig die Proteste der polnischen Landwirte, die um ihre Absatzmärkte bangten.

Doch mag die Solidarität mit der Ukraine trotz aller Hürden auch halten - Brüche könnte ein anderes Thema weit schneller aufreißen. Die Migrationspolitik sorgt seit Jahren für Zwistigkeiten, nun hätte die EU-Kommission auch dafür gern mehr Geld. Sie beruft sich dabei auf Wünsche aus den Ländern nach mehr Schutz der Außengrenzen oder Zusammenarbeit mit Drittstaaten. Wie schwer da aber Kompromisse zu erzielen sind, zeigte vor kurzem eine Abstimmung über verschärfte Asylregeln. Polen und Ungarn lehnten unter anderem den Vorschlag ab, dass Länder, die keine Asylbewerber aufnehmen, Ausgleichszahlungen an andere Länder leisten.

Warschau und Budapest könnten das nächste Woche in Brüssel thematisieren. Da kommen die Staats- und Regierungschefs wieder zu einem Gipfel zusammen.