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"Großer Wurf" bleibt vorerst aus; Sendungsmacher sind gefordert. | Junges Profil auf ORF1 wird geschärft, Qualitätsprogramm rückt auf bessere Sendeplätze. | "Tief greifende Änderungen" hat ORF-Chef Alexander Wrabetz nach seiner Wahl im ORF angekündigt. Auch - und vor allem - im Programm, das seit Jahren unter ständigem Quotenschwund leidet. Über die Antwort des neuen Chefs auf diese Herausforderungen stimmt heute, Donnerstag, der ORF-Stiftungsrat ab, eine Mehrheit für die von Wrabetz geplanten Änderungen ist aufgrund der neuen politischen Verhältnisse im ORF so gut wie fix.
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Aber wird das neue Schema halten, was man sich davon verspricht? Wird die Quadratur des Kreises, also einerseits mehr und jüngeres Publikum anzuziehen, andererseits mehr Qualität zu früheren Sendezeiten, gelingen? Dazu muss man wohl ins Detail gehen: Was als erstes auffällt, ist, dass die Durchschaltung der "Zeit im Bild 1" wegfällt. Das ist wohl auch gut so. Denn der Gedanke, dass man die Zuschauer mangels Auswahl dazu zwingen kann, eine bestimmte Sendung zu sehen, ist in Zeiten, da nahezu 90 Prozent der Seher über Kabel oder Sat verfügen, reichlich kurios.
Das musste zuletzt ja auch das Frühstücksfernsehen von Puls TV zur Kenntnis nehmen. Dieses läuft zwar auf vier Privatsendern gleichzeitig, eine Explosion der Quoten hat deshalb jedoch auch nicht stattgefunden. Ob allerdings die als "ZiB"-Ersatz geplanten neuen "Newsline"-Sendungen die richtige Mitte zwischen Seriosität und Modernität finden, müssen sie erst noch beweisen.
Eine Schlüsselrolle spielt andererseits nun die neue, tägliche Sitcom "Mitten im Achten", die ab 10. April statt der "ZiB 1" (um 19.20 Uhr) in ORF 1 läuft. Sie ist das Prestige-Projekt der Ära Wrabetz - mit ihr steht und fällt wohl die öffentliche Meinung über das neue Schema. Interessanterweise hat man sich dabei Anleihen bei einem Format von Endemol ("Big Brother") genommen, was jetzt nicht zwingend einen Vertrauensvorsprung bedeuten muss.
Auch das neue Magazin "Wie bitte", das nach dem glücklosen Versuchen mit "25 - Das Magazin" nun hoffentlich mehr journalistische Tiefe und weniger plapperndes Happy-Peppi-Feeling bekommt, wird zur zentralen Messlatte des Erfolges werden.
Mit dem Vorziehen von bewährten Sendungen wie "Am Schauplatz" oder "Kreuz & quer" erfüllt man den oft gehörten Wunsch nach mehr Qualität in der Nähe des Hauptabends. Auch die Wiedereinführung des "Club 2" - also einer Diskussionssendung mit Open Ende statt der öden Sonntagsdiskussions-Sendung, die man ja zu Tode reformiert hat, ist sicherlich ein deutliches Signal für mehr Qualität.
In Summe fällt die Bilanz daher zwiespältig aus: Einerseits ist die Summe der Maßnahmen sicher zu wenig, um die Ankündigung einer "tiefgreifenden" Reform als erfüllt abhaken zu können. Andererseits sind etliche Verbesserungen auszumachen, die durchaus Wirkung zeigen könnten.
Könnten deshalb, weil das heute beschlossene Schema eben nur ein Schema ist. Es gibt nur die Leitlinien vor, mehr nicht. Diese mit konkreten Inhalten zu füllen, liegt in der Hand der Sendungsmacher. Sie sind nun gefragt, den Auftrag zu erfüllen, den Wrabetz für den ORF bekommen hat. Sie müssen aus ORF 1 zu befürchtende weitere Ausritte in Richtung Privatfernsehen verhindern und auf der anderen Seite vermeiden, dass ORF 2 zu fad und alt rüberkommt. Ein gewisses Zusammenrücken der beiden Sender, um die verwundbare Mitte nicht ungeschützt zu lassen, klingt nach einem guten Plan. Allerdings ist das Schema dazu nur ein erster Schritt. Klar ist, dass der ORF nur diese eine Chance hat. Denn noch mehr Quotenverluste hält das Unternehmen nicht lange aus.