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Die Finanzministerin spricht verächtlich von "Perlenkettensteuer", weil auch sie offensichtlich erkannt hat, dass die Vermögenssteuer zu spät kommt, um den Staatsbankrott abzuwenden.
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Der Bauer bestimmt die Zukunft, nicht das Schwein, lautet ein Sprichwort aus Litauen. Egal ob Finanzministerin Maria Fekter es kennt, sie handelt danach. Sie ist der Bauer, wir sind das Schwein. Wer glaubt, Fekters Argumente gegen die Millionärssteuer seien dumm, irrt. Ihr würde locker Klügeres einfallen als "Perlenkettensteuer". Wozu aber grübeln und sich mit den Superreichen anlegen, wenn Österreichs Bankrott ohnedies unabwendbar ist?
Wie sie darauf kommt, dass Österreichs Schuldenpolitik im Bankrott enden muss, ist leicht erklärt. 1971 betrug der Schuldenstand der Republik 35 Milliarden Euro. Diese Zahl stieg seither auf das Sechsfache. Also lägen die Staatsschulden nach weiteren 40 Jahren bei etwa 1,2 Billionen.
Natürlich wird es so weit nicht kommen, weil die Republik davor längst pleite sein wird. Und dies ganz ohne Zutun von Euro und Eurozone. Denn die Zweite Republik tilgte Altschulden immer nur durch Neuverschuldungen im Loch-auf-Loch-zu-System. Als Triple-A-Schuldner zu moderaten Kapitalzinsen.
Dieses Triple-A-Rating wurde uns schon von Kanzler Bruno Kreisky als Attest untergejubelt, dass wir uns die Kredite erlauben dürften. Daraus wurde spätestens in den 1990ern eine glatte Lüge. Denn Triple A bedeutete nie, dass die Republik ihre Schulden zahlen könne, sondern nur, dass sie neuer Kredite würdig sei - um auslaufende zu bedienen. Jeder Aspirant beim Kreditschutzverband weiß, dass der Tag kommen muss, ab dem es kein frisches Geld mehr gibt und die Katastrophe perfekt ist. Bleibt nur die Frage, wann es Österreich soweit ist.
Gegenwärtig ist Österreich mit 74 Prozent des BIP verschuldet und steht in der Welt ganz gut da. Griechenland sah bei 115 Prozent die rote Karte, die USA bekommen bei 95 Prozent Probleme, aber Italiens Charmeoffensiven fruchten noch bei 119 Prozent. Also hängt der kritische Zeitpunkt mehr von der Laune der Geldgeber ab als von nüchternen Zahlen. Und diese kann urplötzlich auf panisch umschlagen.
Hitlers Deutsches Reich etwa war im letzten Friedensjahr 1938 mit 43,8 Prozent des Sozialprodukts weit besser aufgestellt als Bundesdeutschland mit seinen 76 Prozent heute. Ob die Nazis 1940 allerdings an neues Geld herangekommen wären, erscheint fraglich. Auch das führte in den Zweiten Weltkrieg, meinen manche Historiker.
Heute braucht es nicht gleich das Säbelrasseln eines Zockers, um den Unmut der Kreditgeber auf sich zu lenken. Im Falle Österreichs könnte schon eine FPÖ-Regierung, ein Patzer in der Nahostpolitik, ein Muckser gegen China ausreichen.
Diverse Bundesregierungen haben mit ihrer Schuldenpolitik das Staatswohl an Banker und Fondsmanagern abgetreten und damit das Schicksal des Volks in Hände gelegt, in die es nicht gehört. Indes genossen wir die Sozialleistungen und wollten gar nicht wissen, ob auf Pump oder bar. Macht 214 Milliarden Euro Staatsschulden. Nichts wird uns erlassen werden, außer wir hungern uns über einen Staatsbankrott selbst aus.
Werner Stanzl war Auslandskorrespondent, Dokumentarfilmer und Ressortchef Innenpolitik beim "Standard". Er lebt als Publizist in Kärnten.
Gastkommentar