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Abholung der Familie "nicht optimal gelaufen". | Ministerin will Abschiebungen von Familien mit einem Sechs-Punkte-Paket verbessern. | Wien. Die Abschiebung hatte für einen medialen Aufschrei gesorgt: Nur wenige Tage vor der Wiener Landtagswahl wurden zwei kleine Mädchen mit ihrem Vater frühmorgens von der Polizei im Wiener "Freunde-schützen-Haus" des Vereins Purple Sheep abgeholt. Nach einem Tag im Polizeianhaltezentrum Rossauer Lände wurde die Familie in den Kosovo abgeschoben. Die Mutter blieb vorerst in Wien - sie musste wegen Suizidgefahr ins Krankenhaus eingeliefert werden. | Innenministerin bündelt Integration in ihrem Ressort
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Die "bis auf die Zähne bewaffneten" Polizisten hätten fast für eine Eskalation gesorgt, hieß es seitens der Betreuer. Den Mädchen sei nicht einmal erlaubt worden, ihre Stofftiere einzupacken, auch von einem Sturmgewehr war die Rede.
Innenministerin Maria Fekter wies diese Vorwürfe am Dienstagabend zurück. Den Erstkontakt zur Familie habe eine Beamtin in Zivil vorgenommen, auch hätten nur zwei der Polizisten Uniform getragen.
Allerdings räumte Fekter auch Fehler ein: Die Abholung der Familie sei "nicht optimal gelaufen, weil die Bilder, die durch die Medien gegangen sind, doch sehr schmerzhaft waren", erklärte sie im ORF-Radio. Diese Bilder hätten auch sie "enorm berührt".
Als Reaktion sollen nun Familienabschiebungen mit einem 6-Punkte-Programm künftig besser geregelt werden. Geplant sind folgende Änderungen:
* Psychologisch geschulte Beamte werden ab sofort nicht erst auf der Reise zu Abschiebungen beigezogen, sondern bereits bei der Abholung. Bis 2011 sollen dazu zusätzliche Polizisten ausgebildet werden.
* Ab sofort sollen alle Beamten bei der Abholung in Zivil auftreten, nur in Ausnahmesituationen kommen Sondereinsatzkräfte zum Einsatz.
* Teilweise werden bereits jetzt Ärzte (etwa Kinderpsychologen) eingesetzt, das soll bis Jahresende immer der Fall sein.
* Familien sollen nicht mehr in Polizeianhaltezentren untergebracht werden, sondern in einer eigenen Infrastruktur, zum Beispiel einer "betreuten Wohnung".
* Der Menschenrechtsbeirat soll bei Entscheidungen über einen humanitären Aufenthalt früher als bisher eingeschaltet werden. Derzeit prüft er das Vorgehen der Behörden erst, wenn eine Entscheidung bereits gefallen ist.
* Ab 1. Jänner 2011 soll es eine "Koordinierungsstelle für Familienrückführungen" geben.
Der Bauträger Hans Jörg Ulreich, der das "Freunde-schützen-Haus" in Meidling zur Verfügung stellt, fand lobende Worte für die Ministerin. "Meine Hochachtung vor Fekter, dass sie Fehler zugibt", sagte er zur "Wiener Zeitung". Man müsse aber erst sehen, wie sich das in der Praxis auswirkt. Durch den aktuellen Fall sei viel in Bewegung gekommen. Für Caritas-Präsident Franz Küberl darf der Katalog nur ein "erster Schritt" in Richtung humanere Gesetzgebung und Vollzugspraxis sein.
Lob für Fekters "späte Einsicht" kam auch aus dem Büro von Verteidigungsminister Norbert Darabos. Es sei positiv zu bewerten, "dass da humaner vorgegangen wird". An eine Änderung der Bleiberechtsregelung, wie sie sich die grüne Menschenrechtssprecherin Alev Korun wünscht, sei aber nicht gedacht.
Lob und Kritik von SPÖ, Opposition und Caritas
Für Korun kommt die "Reue viel zu spät". Das Einlenken der Ministerin könne man "mit sehr viel gutem Willen glauben. Aber da ich die Innenministerin und ihre Scharfmacheraussagen kenne, fehlt mir der Glaube", sagte Korun. BZÖ-Menschenrechtssprecher Gerald Grosz sprach von einer "begrüßenswerten Maßnahme" - der Katalog solle auch zeigen, dass "Österreich gewillt ist, Abschiebungen durchzuführen".
"Abschiebungen sind durchzuführen", meinte auch FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky. Zwar seien dabei die Prinzipien des Rechtsstaats zu wahren - allerdings müsse man dabei "nicht übertreiben". Die Beistellung von Psychologen ist für ihn eine solche "Übertreibung".