Zum Hauptinhalt springen

Fekter gegen eine "Liste der Schande"

Von Brigitte Pechar

Politik
Wer in Griechenland zwar eine Luxusyacht besitzt, aber seine Steuern nicht bezahlt, kommt auf die "Liste der Schande". Herbert Tumpel wünscht sich eine solche auch für Österreich.
© © © Paul Panayiotou/Corbis

In Österreich ist eine Veröffentlichung von Steuerhinterziehern nicht möglich.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 13 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Wien. Auf 120 bis 130 Milliarden Euro schätzt der Chef des nationalen italienischen Steueramtes die Summe, die dem Staat jährlich an Einnahmen durch die Lappen geht. Die "Evasione" ist in Italien eine Art Volkssport vor allem von Besserverdienenden, die sich dem Finanzamt gegenüber als arm deklarieren. Griechenland hat Steuer-Außenstände von 15 Milliarden Euro. Um diese einzutreiben, veröffentlichte die griechische Regierung eine 170 Seiten lange Liste, die "Liste der Schande", mit 4000 Namen und Höhe der Steuerschulden.

In der gesamten Europäischen Union dürften 240 Milliarden Euro an Steuern hinterzogen werden, schätzt der frühere EU-Kommissar Laszlo Kovacs, auf Österreich heruntergebrochen wären das 10 Milliarden Euro, sagt Arbeiterkammer-Präsident Herbert Tumpel. Er fordert auch für Österreich eine "Liste der Schande".

16 bis 20 Milliarden

in der Schweiz angelegt

Auch SPÖ-Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter fordert rigorose Maßnahmen gegen Steuerhinterzieher. Allein in der Schweiz sollen 16 bis 20 Milliarden an Schwarzgeld aus Österreich geparkt sein. Arbeiterkammer und ÖGB fordern eine scharfe Verfolgung der Steuersünder und hoffen, damit einen Teil des Sparpakets abwenden zu können.

Aus der schwarzen Reichshälfte steht man der Veröffentlichung der Steuersünder ablehnend gegenüber. Für Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner wäre das ein "ziemliches Armutszeugnis" - außerdem sei die österreichische Steuermoral hoch und mit jener Griechenlands nicht vergleichbar. Die Liste schüre Neideffekte und habe einen klassenkämpferischen Hintergrund, sagt Mitterlehner.

Im Finanzministerium hält man von dieser Idee ebenfalls nichts. So eine Maßnahme wäre schon rechtlich "ganz klar nicht möglich", heißt es aus dem Ressort. Inhaltlich sei sie ebenfalls nicht sinnvoll, würde sie doch keine hinterzogenen Steuern, sondern lediglich Steuerrückstände auflisten können. Und diese treibe die Finanzverwaltung ohnedies ein, sobald sie vollstreckbar seien. 2011 betrugen diese Rückstände 1,7 Milliarden Euro, so ein Sprecher des Finanzministeriums. Mit Griechenland sei die Situation in Österreich schlichtweg nicht vergleichbar.

Ratingagentur stuft

Bundesländer herab

Auch der Finanzrechtsexperte Werner Doralt kann einer Liste wenig abgewinnen, plädiert aber für hohe Finanzstrafen bei Verstößen. Hinterzogene Abgaben lägen ja naturgemäß im Dunkeln, könnten damit also auch nicht erfasst werden, sagt Doralt. Auch er rechnet damit, dass eine solche Liste überdies eine Gesetzesänderung erfordern würde, wahrscheinlich sogar im Verfassungsrang. "Sehr viel wichtiger und einfacher wäre es, vor allem jene, die im hohen Ausmaß Steuern verkürzen, mit entsprechend hohen Strafen zu belegen", findet Doralt. "Soweit die Praxis bekannt ist, wird der Strafrahmen nicht einmal zur Hälfte ausgenützt."

Unterdessen kommt auch auf die Bundesländer Ungemach von den Ratingagenturen zu. Die US-Ratingagentur Standard & Poor’s (S&P) hat am Mittwoch, wie bereits nach der Herabstufung der Republik Österreich angekündigt, auch die Ratings von sechs Bundesländern verschlechtert. Während Tirol, Oberösterreich und Wien ihr bisheriges Triple-A-Rating verloren, wurde der Ausblick für die bereits schlechter bewerteten Bundesländer Burgenland, Niederösterreich und Steiermark auf "negativ" gestellt. Alle genannten Bundesländer haben jetzt ein "AA+"-Rating, das jenem der Republik entspricht. S&P begründet das Downgrading explizit mit der am 13. Jänner erfolgten Herabstufung von Österreich.

Interessenvertreter

bringen sich in Stellung

Während die Regierung auf Hochtouren über das Sparpaket berät - Vizekanzler Michael Spindelegger hat aus diesem Grund sogar seine Teilnahme am Weltwirtschaftsforum in Davos abgesagt -, bringen sich die Interessenvertretungen in Stellung. Der Präsident der Industriellenvereinigung, Veit Sorger, und Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl appellieren neuerlich an die Regierung, ohne Steuererhöhungen auszukommen. Explizit wollen die beiden Vertreter der Wirtschaft Bundeskanzler Werner Faymann an dieses Anliegen erinnern, Spindelegger vertrete diese Linie ohnehin glaubwürdig.

Leitl drängt wiederholt darauf, die Staatsausgaben in den kommenden Jahren um fünf Prozent zu kürzen. Das würde 7,6 Milliarden Euro bringen und mit den bereits in Loipersorf beschlossenen Maßnahmen 10,2 Milliarden Euro bringen.

Der Präsident der Richtervereinigung, Werner Zinkl, wiederum wendet sich entschieden gegen die jüngst diskutierte Arbeitsplatzsicherungsabgabe für Beamte. Er kritisiert außerdem die Verhandlungen der Regierung "im stillen Kämmerlein". In dieselbe Kerbe schlägt der Justiz-Gewerkschaftschef Klaus Schröder: Nicht die Bürger, sondern die Volksvertreter hätten die Finanzkrise zu verantworten, sagt er. Die "mädchenhafte Geheimniskrämerei" um das Sparpaket nennt er "lächerlich".