Die Verösterreicherung der restlichen Welt schreitet fort. Auch der aus Deutschland zugereiste Ex-"news"-Chef hat in Wien rasch gelernt, was Verhaberung ist.
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Als der "News"-Gründer Wolfgang Fellner aus dem operativen Geschäft der "News"-Verlagsgruppe schon ausgeschieden war und 2006 die Tageszeitung "Österreich" gründete, marschierte er mit einer ganzen Reihe ehemaliger "News"-Journalisten und sonstiger Mitarbeiter auf. Dazu gehörten ein paar Chefredakteure und Redakteure von "News", "Format" und "Tv-Media" sowie die Vize-Geschäfsführerin von "News". Sogar die Gründerin und Herausgeberin der Zeitschrift "Woman" folgte in Wolfgang Fellners Lager, was freilich niemanden überraschte - Uschi Fellner ist seine Frau.
Der über die Kopfjägerei seines bisherigen Partners Fellner nicht gerade begeisterte Chef der "News"-Gruppe, Oliver Voigt, sprach damals ahnungslos einen zukunftsweisenden Satz aus: "Die waren halt zusammen, und jetzt sind sie wieder zusammen."
Seit 1. März gehört überraschenderweise auch Voigt zu Fellners Partie. Ende 2010 musste er seinen Chefposten im "News"-Verlag räumen, weil der deutsche Mehrheitseigentümer Gruner+Jahr den Vertrag nach fünf Jahren nicht verlängerte. Zwei Monate Sondierungsarbeit genügten, schon ist Voigt als Geschäftsführer im ehemals feindlichen Verlag "Österreich" an Bord.
Dabei war Voigt 2006 als Abwehrwaffe gegen Fellner aufgebaut worden: Im Gründungsjahr der Boulevardzeitung "Österreich" hatte Gruner+Jahr einen Chefwechsel in der bunten "News"-Welt herbeigeführt. Voigts Mission bestand darin, das "News"-Imperium gegen Fellner zu verteidigen, weil dieser Anstalten machte, die bunten Wochenmagazine täglich durch Hochglanzbeilagen in seinem "Österreich" zu konkurrenzieren. Daraus wurde freilich nicht viel, die heiße Luft verflüchtigte sich. Der "News"-Verlag ist unter Voigts Regiment nicht schlecht gefahren, obwohl die Zeiten trist waren. Das wöchentliche "News"-Magazin lag 2010 mit einem Direktverkauf von durchschnittlich 117.362 Exemplaren unter dem Niveau von 2008 und 2009, aber die Verlagsgruppe mit 15 schillernden Print-Produkten wirft Gewinn ab. Warum sich das deutsche Verlagshaus von Voigt trennte, ist unklar.
Damit hebt der österreichische Teil der Story an. Man kennt einander, man braucht einander. Voigt suchte einen neuen Job, in dem er sein Temperament ausleben kann: zu organisieren, zu rotieren, Fäden zu ziehen. Fellner packte zu und holte nicht nur einen physisch und psychisch belastbaren Medienmanager an Land, der sich um die Agenden Budget, Marketing, Planung & Strategie, Neue Medien und verlegerische Verantwortung kümmern soll, sondern auch einen, den man herzeigen kann. Immerhin hat es Fellner nach Hausdurchsuchungen mit dem Staatsanwalt zu tun - "Beitragstäterschaft zur Untreue" im Zusammenhang mit Immobiliengeschäften steht als Verdacht in den Akten. Fellner bestreitet solche Vorwürfe vehement. Die Unschuldsvermutung spricht für ihn, aber dass er den Verdacht innerhalb weniger Tage von sich abstreifen könnte, braucht man ihm allein schon mit Blick auf das übliche Tempo der Justiz in Wirtschaftssachen nicht abzunehmen. Vor diesem Hintergrund sieht das Engagement Voigts wie eine Entflechtung der inneren Verhältnisse in Fellners Mediengruppe Österreich für den Fall aus, dass es doch enger wird. Oliver Voigt hat mit den fraglichen Immobilien gewiss nichts zu tun gehabt.
Der Autor ist Sprecher der
Initiative Qualität im Journalismus; zuvor Journalist für
"Wirtschaftsblatt", "Presse" und "Salzburger Nachrichten".