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Ferien-Ende für Schutzzone

Von Christian Rösner

Politik

Kinder-Schutzzone am Karlsplatz gilt seit 2005 - aber nur zur Schulzeit.


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Wien. Immer, wenn die Ferien vorbei sind, teilt die Wiener Polizei den Medien mit, dass die Schutzzone am Karlsplatz wieder in Kraft tritt: "Am 11. Februar 2013 um 00.00 Uhr tritt eine Schutzzone in Wien 4., Karlsplatz für den Spielplatz im Resselpark nächst dem Johannes Brahms Denkmal in Kraft. Sie umfasst nicht nur den Bereich vor den Schulen, sondern auch die angrenzenden Straßenzüge und gilt von 00.00 Uhr bis 24.00 Uhr sowohl werktags als auch an Sonn- und Feiertagen", hieß es etwa auch am Montag wieder.

Die Schutzzone wurde 2005 rund um die Schulen am Wiener Karlsplatz eingerichtet, um Kinder vor den Auswirkungen der Drogenszene zu schützen. Dabei wurde ein imaginärer Ring gezogen, der unter besonderem Augenmerk der Exekutive steht. Im Anlassfall sind Verwarnungen, Verweise und bei Wiederholung Geldstrafen in Höhe von 360 Euro vorgesehen. Schüler hatten nämlich früher berichtet, dass sie auf dem Weg zur oder von der Schule immer wieder von Drogenhändlern angesprochen wurden. Durch die Schutzzone sollte dem Einhalt geboten werden. "Wir können zum Beispiel auch keine Schneeballschlachten vor der Schule machen, weil wir immer Angst haben, in eine Spritze zu greifen", sagte eine Schulsprecherin damals.

Trotz Inkrafttreten der Schutzzone gab es anfangs heftige Kritik: Die Randgruppen würden nur verdrängt, die Probleme aber nicht gelöst werden, hieß es. Stattdessen würden nun die Geschäftspassagen unter der Anwesenheit der "Szenemitglieder" leiden. Laut einer Studie der damaligen Abteilung "Team Focus" des Fonds Soziales Wien (FSW) aus dem ersten Halbjahr 2005 sei das Aggressionspotenzial nach der Einführung des polizeilichen Wegweiserechts im Bereich der Schule am Karlsplatz sogar gestiegen. "Die Einrichtung der Schutzzone wurde fast von allen beteiligten Parteien negativ bewertet", erklärte damals die Studienleiterin. Die FPÖ sprach von einem "Rohrkrepierer aller erster Güte", die Wiener Grünen forderten Aufenthaltsräume für Suchtkranke Menschen anstatt einer Schutzzone.

Von anfänglich 100 auf 15 betreute "Klienten"

Inzwischen hat sich viel verändert: Zur Zeit der Einführung haben sich noch rund 100 Personen in diesem Bereich aufgehalten, die der Suchtgiftszene zuzuordnen waren. "Heute sind es nur noch 15 Klienten, die von unseren Sozialarbeitern betreut werden. Das heißt, es ist sehr gut gelungen, die Personen in die Tageszentren und andere Einrichtungen zu integrieren", erklärt Eva-Maria Wimmer von der Sucht- und Drogenkoordination der Stadt Wien im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" am Montag.

Zusätzlich zur verstärkten Polizeipräsenz sind also noch nach wie vor Streetworker, Sozialarbeiter und "Help U" im Einsatz. Letzteres Projekt besteht aus acht "patrouillierenden Mediatoren", die sich je zur Hälfte aus der Suchthilfe Wien (SHW) und den Wiener Linien rekrutieren.

Auch bei der Polizei spricht man mittlerweile von einer deutlichen Verbesserung der Lage. "Die Beamten aus den betroffenen Bezirken berichten, dass sich die Situation vor allem in den vergangenen zwei Jahren deutlich entspannt hat", meint etwa Oberst Johann Golub.

Dass die Schutzzone von Beginn an immer nur während der Schulzeit gegolten hat, obwohl sich auch Kinder während der Ferien auf dem Spielplatz aufhalten, sei eigentlich nie ein Problem gewesen, sagt Golub. Zumal die Polizei nur ein "Player" in der Gesamtsituation sei. Schließlich würde die Arbeit mit den verschiedenen sozialen Einrichtungen abgesprochen und entsprechend abgestimmt werden. "Außerdem ist es doch so, dass die Kinder aus den umliegenden Betreuungseinrichtungen besonders während der Schulzeit auf den Spielplatz beziehungsweise auf das Areal angewiesen sind", erklärt Oberst Golub.

Im Übrigen bedeute die Schutzzone nicht, dass sich ein suchtkranker Mensch nicht automatisch in dem Bereich aufhalten dürfe. "Es geht ja nur um die besondere Situation, wenn strafbaren Handlungen nach dem Strafgesetzbuch, dem Verbotsgesetz oder gerichtlich strafbaren Handlungen nach dem Suchtmittelgesetz drohen. Dann hat die Polizei die Möglichkeit, die betreffende Person für einen bestimmten Zeitrahmen wegzuweisen."

Mittlerweile mehr Helfer unterwegs als Betroffene

Wie oft das in den vergangenen Jahren passiert ist, konnte man bei der Polizei nicht genau sagen. Tatsache sei, dass die Zahl der Zwischenfälle auf ein Minimum zurückgegangen sei.

Ist dann eine Schutzzone überhaupt noch notwendig, wenn mittlerweile mehr Streetworker, Sozialarbeiter, Mediatoren und Polizisten als Menschen aus der Drogenszene am Karlsplatz unterwegs sind? "Für die Nachhaltigkeit schon. Es sind noch immer suchtgiftkranke Menschen dort. Da muss man schon weiter dranbleiben - schon alleine wegen der Kinder", so Golub.

Bei der Drogenkoordination sieht man das im Übrigen ähnlich. "Derzeit ist die Schutzzone sehr wohl noch sinnvoll, um Nachhaltigkeit zu gewährleisten. Und es ist ein brauchbares Instrument von vielen, um zum einen die Sicherheit der Kinder zu gewährleisten und zum andern, die suchtkranken Menschen bestmöglich zu betreuen. Die Kompetenz, wann eine Schutzzone in Kraft tritt, ist aber letztlich Sache der Polizei."