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Fernseh-Kabelnetze als "die" Kommunikationsadern der Zukunft

Von Susanne Erdl, Bonn

Wirtschaft

Die Kommunikation von morgen hat mit der heutigen Telefonie nicht mehr viel gemein: Sie basiert nicht mehr nur auf den altbekannten Telefonnetzen, sondern auch auf Funklösungen und den | Fernsehkabeln, die allein in Deutschland bis in 20 Millionen Haushalte reichen.


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Vor allem im TV-Kabel sieht die Branche die Kommunikationsader der Zukunft: Über sie soll künftig nicht nur der abendliche Spielfilm geschaut, sondern auch telefoniert, im Internet gesurft und der

Einkauf erledigt werden.

Tritt beispielsweise ein "Lindenstraßen"-Star mit einem besonders hübschen T-Shirt auf, genügt ein leichter Druck auf den Bildschirm, um das gute Stück online bestellen zu können. Oder dem Star wird

rasch per E-Mail Fanpost geschickt. Daß solche Visionen schon bald Realität werden dürften, zeigen die hektischen Aktivitäten, die Software- und Kabelkonzerne derzeit gemeinsam entfalten.

TV-Kabel sind breitbandig, also multimediafähig. Ebenso leicht wie Sprache können sie Daten und Bilder übertragen. Der Nutzer daheim benötigt nur einen speziellen Decoder, der ihm die Datenmenge -

wie beim Pay-TV - wohlsortiert zugänglich macht und ihm eine Kommunikation mit der Welt außerhalb ermöglicht. Über das Breitbandkabel kann der Fernseher zum Kommunikationsterminal oder aber ein

Computer zum Alleskönner mit Internet-Fernsehen und Sprachübermittlung aufgewertet werden. Fernseher, Internet und Telefon wachsen zusammen.

In Deutschland ist das Kabelnetz indessen noch eine Einbahnstraße: Die Kanäle reichen zwar in zahlreiche Haushalte hinein, meist aber nicht wieder zurück. Der fehlende Rückkanal, der für alle

interaktiven Anwendungen gebraucht wird und auch über das herkömmliche Telefonkabel laufen könnte, macht noch hohe Investitionen notwendig. Dennoch weckt gerade das deutsche Kabelnetz, um dessen

Verkauf die Deutsche Telekom seit Monaten mit verschiedenen Interessenten feilscht, allein wegen seines hohen Marktpotentials Begehrlichkeiten: Immerhin ist es nach den USA das zweitgrößte

der Welt, und die Deutschen gelten als kommunikationswillige und kaufkräftige Klientel. Kein Wunder also, daß auch Microsoft-Chef Bill Gates nach Deutschland schielt.

"Manager Magazin" und die "Zeit" berichteten am Wochenende von der Absicht Gates', sich für viel Geld bei der Deutschen Telekom oder direkt in deren TV-Kabelnetz

einzukaufen. Auch an den Fernsehkabeln der einstigen Otelo-Eigner RWE und Veba soll er Interesse haben.

Gates versucht derzeit mit einer Reihe von Kooperationen und Beteiligungen, überall auf der Welt Zugang zu TV-Kabeln zu erhalten. In den USA gelang ihm dies vor wenigen Tagen mit einer Fünf-

Milliarden-Dollar-Beteiligung am Telefonriesen AT&T, in Großbritannien verhandelt er nach Presseberichten gerade mit dem Kabelriesen Cable&Wireless um den Kauf eines üppigen Anteilspakets.

Microsoft strebt danach, wie schon bei den PC-Betriebssystemen nun auch auf dem Zukunftmarkt der integrierten Kommunikation den Grundstein für eine Marktvorherrschaft zu legen. Das eigens entwickelte

Kleingeräte-Betriebssystem Windows CE soll die interaktiven Decoder bestücken und dem Konzern aus Redmond damit eine Kundschaft weit über die bisherige Computerklientel hinaus erschließen.