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Bei WC-Düften wird süß bevorzugt, bei der Schokolade hingegen bitter. | Neue Produktlinie für sparsame Kunden macht sich bezahlt. | Wien. Cafe Latte oder Cappuccino - die Polen, Balten und Tschechen trinken ihren Kaffee am liebsten mit Milch. Weiter südlich, von Rumänien bis in die Türkei, bevorzugt man ihn schwarz und stark. "Das hat geschichtliche Hintergründe", erklärt Rico Domenig, CEE- Market Director beim Kaffeekapsel-Hersteller Nespresso.
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Historisches Wissen über ein Land ist bei der Vermarktung von Produkten ebenso wichtig wie Kenntnisse über das Verbraucherverhalten: "Der größte Fehler ist es, die Konsumenten im Osten und Südosten Europas zu unterschätzen. Sie stehen den westlichen Verbrauchern um nichts nach", weiß Domenig. Das mag an amerikanischen Fernsehserien liegen, die die Sehnsucht nach westlichen Lifestyle entflammen. Das mag aber auch damit zu tun haben, dass in einem früher an den Zügeln gehaltenen Markt mit rund 330 Millionen Einwohnern ein enormer Bedarf an neuer Ware vorhanden ist.
Ost-Marken aufpeppen
Wer in diesem scheinbaren "Eldorado vor der Haustür" Produkte anbringen möchte, sollte jedoch gut überlegt vorgehen, betont Arnold Schuh, Direktor des Competence Center for Central and Eastern Europe von der WU-Wien.
Die erste Überlegung: In welche Länder will man als Unternehmen einsteigen? Hier gilt zu berücksichtigen, dass Osteuropa viele kleine unterschiedliche Märkte hat. Ein Produkt für das kleine Slowenien anzupassen sei wirtschaftlich oft weniger rentabel als für die Massenmärkte Russland oder Polen, so Schuh.
Die nächste Frage lautet: Wie trete ich in den Markt ein? Zur Auswahl stehen der Erwerb eines lokalen Unternehmens, die Errichtung einer eigenen Niederlassung oder die Zusammenarbeit mit Vertriebspartnern.
Als kluge Strategie erwiesen hat sich bisher, wenn heimische Betriebe eine alte osteuropäische Firma aufgekauft und lokale Marken, ein wenig aufgepeppt, weitergeführt haben. Denn der Konsument greift nicht nur aus Heimatverbundenheit häufig zum lokalen Waschmittel. Es kann meistens auch deutlich billiger angeboten werden als die westlichen Produkte.
"Viele westliche Firmen bieten Waren im Top-Segment an. Man streitet sich dabei um einen mengenmäßig relativ kleinen Markt und tritt sich gegenseitig auf die Füße", erklärt Schuh. Oft sei es daher sinnvoller, für die sogenannten Emerging Markets eine günstigere Produktlinie einzuführen und so die Massen an Kunden zu erreichen, die auf den Preis schauen müssen.
Wegen der noch geringeren Kaufkraft in den CEE-Ländern bieten viele westliche Firmen dort auch kleinere Verpackungen an. Mehl oder Waschpulver gibt es dann nicht im Sack, sondern im Kilo-Pack. Die Aufschrift wird in die jeweilige Landessprache umgeändert.
Eine Anpassung ist häufig auch in der Rezeptur erforderlich. "Die Russen lehnen die süße westliche Schokolade ab und bevorzugen eher bittere", schildert Schuh. In Sachen Wasch- und Reinigungsmittel weiß man: In Serbien oder der Türkei darf es gerne intensiv duften, am besten mit süßlicher Note.
Luxus bleibt Luxus
Allgemein gilt in Sachen Anpassung die Formel: Je ähnlicher die Kaufkraft, das Anwendungsverhalten und die Bedürfnisse sind, desto weniger muss herumgebastelt werden. In den meisten Fällen trifft dies für Luxus-Güter zu.
Auch Nespresso - das Unternehmen hat Filialen in Warschau, Prag und Budapest -sieht seine Kapseln in dieser Gruppe angesiedelt. In Sachen Werbe strategie setzt der Kaffeeanbieter auf dieselbe "George-Clooney-Schiene" und dieselben Sorten wie im Westen. Was Domenig aber sehr wohl beobachtet: Exklusivität ist den Menschen in CEE-Ländern wichtig. Das zeigt sich nicht nur daran, dass die Limited Editions - Kaffee etwa mit Vanille- oder Ginger Ale-Geschmack - rasch ausverkauft sind. Die Lust auf Show-off-Effekt als Verkaufszuckerl zieht ebenfalls.