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Eher zufällig stieß ich am Montagabend auf ein Stadtporträt des Senders SWR. Just am Tag, als mir ein Kollege mit Begeisterung von seiner Reise nach Rom berichtet hatte, beschäftigte sich die
Sendung "Blickpunkt Europa" mit der italienischen Hauptstadt. Im Mittelpunkt standen dabei die Vorbereitungen auf das Heilige Jahr. Der Zuseher erfuhr von den Problemen eines deutschen
Pilgerreisenveranstalters, von den Absichten eines Stadtplaners und den Hoffnungen des Vatikans. Dies alles natürlich in der prachtvollen Kulisse von Forum Romanum, Piazza Navona und ähnlichen
Attraktionen. Ein Tee vor dem Pantheon, ein Besuch in einem Restaurant: in mir entflammte ein eigenartiges Gefühl, das unter der Bezeichnung Fernweh allgemein bekannt ist. Vergessen war im Nu das
Heilige-Jahr-Problem, die Gedanken kreisten nur mehr manisch um kommende Auslandsreisen.
Dies ist die eigentliche Paradoxie solcher Sendungen: Ein Bericht über die Taubenplage in Venedig erweckt meist den Wunsch nach einem Sprizz in einer venezianischen Bar. Eine Reportage über
Bombenabwürfe in den Gardasee läßt mich über das gardesanische Olivenöl sinnieren, und jedesmal, wenn von Brüssel (negativ) die Rede ist, schwärme ich leise vor mich hin. Nur bei Mallorca lenkt mich
nichts vom Sendungsinhalt ab, was im Grunde genommen egal ist, denn da drehe ich sowieso ab.