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Fest entschlossen zum Aufbruch

Von Walter Hämmerle

Politik
"Die neue Wahl": Faymann wirbt nun auch auf Plakaten mit diesem Slogan. Foto: ap

Faymann ruft zu Geschlossenheit auf. | Standing Ovations zum Abschied für Gusenbauer. | Linz. Es ist Anfang August, also Ferienzeit - und zu allem Überdruss werden an diesem Freitag auch noch die Olympischen Spiele in Peking eröffnet. Fast hätte man meinen können, die SPÖ legt auf eine gesteigerte Öffentlichkeit für ihren 40. ordentlichen Bundesparteitag wenig Wert. Ein Fehlurteil, denn das ganze Szenario an diesem Tag war einem Notfallprogramm geschuldet: Die SPÖ war ihres eigenen Parteivorsitzenden überdrüssig geworden und suchte in einer Doppelspitze ihr Heil. Die währte jedoch nur bis zum EU-Schwenk, denn kurz darauf kündigte die ÖVP die Koalition auf. Die Folge: Ein Parteitag mitten im Sommer.


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Trotz dieser wenig verheißungsvollen Vorzeichen war das Linzer Designcenter beim Parteitag unter dem Motto "Mit Euch. Neue Wege für Österreich" mit rund 600 Delegierten und 1000 Neugierigen ordentlich gefüllt. Nicht dabei waren diesmal zwei, die in den letzten Jahrzehnten kaum einen Parteitag versäumten: Altkanzler Fred Sinowatz und Johanna Dohnal fehlten krankheitsbedingt.

Gusenbauer sagtversöhnlich "Servus"

Zunächst trat Alfred Gusenbauer zum letzten Mal vor die Delegierten. Der Kanzler blickte noch einmal zurück auf seine acht Jahre als SPÖ-Chef - ohne Zorn, aber mit dem ihm eigenen Beharren auf seinem Kurs. Er verteidigte seine Entscheidung, 2006 - am Höhepunkt der Bawag-Krise - die führenden Gewerkschafter aus dem Parlament zu verbannen. In den Reihen der Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter verfolgte man diese Passagen mit steinernen Mienen.

Ohne Lamentieren gestand der Noch-Regierungschef ein, dass nach diesen Jahren sein politisches Kapital aufgebraucht sei - und es daher an der Zeit sei, den Hut zu nehmen. Am Ende bedankte sich Gusenbauer bei seinem Regierungsteam, der ganzen Partei und entschuldigte sich "für alle Fehler, die ich gemacht habe und die ihr erdulden musstet". Die Delegierten verabschiedeten ihren Vorsitzenden mit Standing Ovations. Der Kanzler gab sich mit 25 Minuten so kurz angebunden wie selten.

Nun ergreiftder Neue das Wort

Dann war die Reihe am Neuen, sich den Erwartungen seiner Partei zu stellen. Wie habe es so weit kommen können, dass in nur 18 Monaten mittlerweile jeder zweite Wähler von 2006 Zweifel habe, ob die SPÖ noch die richtige Wahl sei, startete Faymann mit einer rhetorischen Frage. Allerdings verkniff sich Faymann eine Antwort, wollte er doch "nach vorne blicken ohne Abrechnung". Es ging wohl vor allem darum, den Delegierten die Dramatik der Situation, in der sich die SPÖ befindet, vor Augen zu führen. In der Not rückt man bekanntlich enger zusammen.

Inhaltlich positionierte Faymann die SPÖ wieder ganz als Anwalt der kleinen Leute, der Pensionisten, Arbeiter und Mieter, er will einem "entfesselten Markt" die Kräfte binden, auch wenn er eingesteht, dass manche Liberalisierung auch zu billigeren Angeboten für die Konsumenten geführt habe. Konkret erneuert er seine Forderung nach einer Steuerentlastung bereits 2009: Die zu erwarteten Lohnsteigerungen im Herbst würden nicht ausreichen, die Auswirkungen der Teuerung zu kompensieren, deshalb müsse auch die Politik handeln. Von der ÖVP erwartet Faymann deshalb die Rückkehr an den Verhandlungstisch. Die rote Basis dankt ihm dieses Beharren mit langem Applaus.

Auf lautstarke Zustimmung stößt auch das neuerliche Nein Faymanns zu einer Koalition mit der Strache-FPÖ. Der daraus resultierende taktische Nachteil durch den Wegfall einer Regierungsoption sei der Preis, den man für Glaubwürdigkeit bezahle - "Politik ist eben kein Kartenspiel". Und natürlich durfte auch die EU nicht fehlen. Er bekenne sich zur EU als einem beispiellosen Friedensprojekt, so Faymann, "doch das macht uns nicht zu unkritischen Ja-Sagern". Für den Hoffnungsträger gab es Applaus im Stehen.

Bei den Wahlen zum Vorstand, Präsidium und Stellvertretern des Parteivorsitzenden gab es keine Überraschungen: Faymann erhielt für den Vorstand beachtliche 97,21 Prozent. Zum Parteichef wählten ihn sogar 98,36 Prozent. Zum Vergleich: Gusenbauer hatte 2000 nur 96,5 Prozent der Stimmen erhalten.