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Festgefahrener Schuldenstreit

Von WZ-Korrespondentin Martyna Czarnowska

Politik

Die Zeit für einen Kompromiss zwischen Griechenland und seinen Euro-Partnern wird knapp.


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Brüssel/Athen. Es gibt einen Musiker, der eines Tages beschloss, nicht mehr unter seinem bisherigen Künstlernamen aufzutreten. Er wählte einen neuen, hängte aber den alten an den Zusatz "früher bekannt als" an. Es ist nicht anzunehmen, dass der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble an diesen Mann dachte, als er vor kurzem über das Kontrollgremium für Griechenland sprach. Doch die Formulierung war eine ähnliche: "die EU-Institutionen, früher bekannt als Troika". Diese jahrelang gebrauchte Bezeichnung für die Vertreter der EU-Kommission, der Europäischen Zentralbank (EZB) und des Internationalen Währungsfonds (IWF) ist nämlich mittlerweile in Verruf geraten. In Griechenland sind die Prüfer zum Symbol für den rigiden Sparkurs geworden, den die Kreditgeber dem hoch verschuldeten Land auferlegt hatten.

Kaum hatte daher die linke Partei Syriza die Wahlen gewonnen, erklärte der neue Premier Alexis Tsipras die Zusammenarbeit mit der Troika für beendet. Die EU müsse ihre Politik gegenüber Athen überdenken, befand er beim Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs am Donnerstag. Doch stimmte er Expertengesprächen über eine Lösung der griechischen Finanznöte zu. Die Verhandlungen begannen tags darauf. Die Akteure sind dieselben - nur heißen sie eben offiziell nicht mehr "Vertreter der Troika".

Unverändert bleibt aber die Tatsache, dass die Zeit für einen Kompromiss im Schuldenstreit knapp wird. Ende des Monats läuft das internationale Hilfsprogramm aus, und ohne weitere Unterstützung könnte Griechenland schon bald erneut vor dem Staatsbankrott stehen. Um diesen abzuwenden, haben die Geldgeber bisher Mittel in Höhe von 240 Milliarden Euro bereitgestellt. Die letzte nun fällige Kredittranche macht knapp zwei Milliarden Euro aus.

Entscheidendes Treffen

Über das weitere Prozedere sollen am Montag die Finanzminister der Eurozone bei ihrem Treffen in Brüssel beraten. Eine Sondersitzung der Gruppe vor wenigen Tagen hatte keine Einigung gebracht - der griechische Ressortleiter Yanis Varoufakis hatte die Ideen seiner Regierung seinen Kollegen nicht einmal schriftlich vorgelegt. Einige Vorschläge scheinen aber schon jetzt kaum erfüllbar. Dazu gehört der Wunsch nach einem Schuldenerlass.

Am Montag sollen die Griechen Zahlen vorlegen, die über ihre Ausgaben und Sparmaßnahmen Auskunft geben. Bis dahin gelte es festzustellen, wo es Überschneidungen zwischen den Vorstellungen der Gläubiger und Athens gebe, hieß es aus Kreisen der Eurogruppe. Das aktuelle Hilfsprogramm müsse nicht verlängert werden; ein neues sei möglich. In einigen Staaten - unter anderem in Deutschland - müssten allerdings die Parlamente der Unterstützung zustimmen.

Doch auch wenn Griechenland immer wieder an die Reformvorgaben erinnert wird, scheint ein Entgegenkommen möglich. So forderte zwar EU-Währungskommissar Pierre Moscovici von Athen, Zusagen einzuhalten. "Gleichzeitig sind wir Europäer bereit auszuloten, welchen Spielraum es gibt", sagte er dem Radiosender Europa 1.

Dafür müssten die Griechen wohl ebenfalls ihre Forderungen modifizieren. Als eines der Ziele hat Athen eine Revision der Arbeitsmarktreform genannt, und ebenso sollen die Privatisierungen gebremst werden. Auch möchte es in den kommenden Jahren ein geringeres Wirtschaftswachstum aufweisen dürfen als von der EU gewünscht.