)
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 13 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
"Wir haben professionell agiert." Wie oft die Bregenzer Festspiele diesen Satz seit Vorjahrsbeginn abgespult haben, ist nicht mehr zu eruieren. Sicher ist jedenfalls, dass er nach jeder Konfusion, die das Festival seither heimsuchte, mehr und mehr an Überzeugungskraft einbüßte.
Seit Dienstag ist nun die Talsohle der Glaubwürdigkeit erreicht. Abermals wurde Professionalität versichert - wiewohl Bizarres bekannt wurde: Roland Geyer, designierter Intendant ab 2015, werde Bregenz nun doch nicht beehren. Der Grund: unterschiedliche Vorstellungen. Und das, nachdem Geyer bereits im Mai 2011 verpflichtet wurde. Und das, nachdem die Ausschreibung wegen Querelen zweimal durchgeführt werden musste. Was ist nur los mit den Bodensee-Festspielen, deren Führung sich bisher so widerspruchsfrei im Klischee der geschäftstüchtigen Alemannen suhlen durfte?
Aber der Reihe nach. Dass der Posten im Vorfeld zweimal ausgeschrieben wurde, leistete dem Festival-Image zwar keinen Dienst; ein nachhaltiges Problem war’s aber nicht. Stein des Anstoßes: Zum Unbehagen von Festivalpräsident Günter Rhomberg ließ Intendant David Pountney im Vorjahr verlauten, länger als bis 2013 bleiben zu wollen. Nach einem internen Hickhack beschied sich Pountney (der in der Zwischenzeit ein neues Jobangebot angelte) dann aber doch mit 2013. Problem gegessen.
Weitaus problematischer die Geyer-Absage. Erstens in puncto Personalentwicklung. Was war das Konzept des Roland Geyer, mit dem er den Posten ergatterte? Allein sein Name? Gewiss, als Intendant des - 2006 zum Opernhaus umstrukturierten - Theaters an der Wien hat er bisher Imposantes geleistet. Für ein Festival, das nach eigenem Bekunden ab 2015 in eine neue "Pionierphase" treten will, kann dieses Faktum bei einer Intendanten-Kür aber nicht reichen. Zumal die Finanzverhältnisse in Bregenz anders liegen als im stark subventionierten Wiener Haus.
Und das führt zu Punkt zwei: der Festivalentwicklung. Wie sollte diese "Pionierphase" konkret aussehen? In Anbetracht der Wortspenden seit Geyers Kür entsteht ein unschmeichelhaftes Bild. Denn offenbar hatte Geyer die Lizenz zum Freidenken. Und die Chefetage nutzte letztlich ihre Möglichkeit, Unliebsames abzulehnen. Laut einem Interview wollte Geyer das Opernprogramm aufstocken, das Festival zu einem Global Player machen. Dabei sei er dann auch an Budgetproblemen gescheitert.
Gewiss: Auch in professionellen Unternehmen finden Planspiele statt. Das heißt aber dann Brainstorming und verhütet, was nun Bregenz geschah: eine gründliche Blamage für alle Beteiligten.