Wer kennt das nicht in den Wochen vor Weihnachten: Endlose Warteschlangen an den Kassen, überfüllte Parkplätze und spürbar aggressive Hektik. Mit dem ersten Advent am Sonntag beginnen die Festlichkeiten. Doch statt Vorfreude und Besinnlichkeit herrscht bei vielen Menschen Stress und Anspannung. Geschenke kaufen, Kekse backen, Dekorieren, Festtagsmenü und Familienfeier planen - die Weihnachtsvorbereitungen wachsen manchem schnell über den Kopf.
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Um die Zeit bis zum Fest unbeschadet zu überstehen, empfehlen Experten ein "psychologisches Weihnachtsmanagement". Ein straffer Zeitplan, eine Geschenke-Checkliste und der Verzicht auf den Weihnachtsputz können eine Menge Stress sparen.
Weihnachten muss heute meist neben dem normalen Berufsalltag "organisiert" werden. Vor allem Frauen reiben sich nach Angaben der Psychotherapeutin Hildegard Belardi in der Vorweihnachtszeit oft erschreckend auf. "Sie hoffen am sehnsüchtigsten darauf, eine harmonische Familie um den Lichterbaum zu scharen", sagt die Expertin. Dafür seien sie sogar bereit, sich "ausbeuten zu lassen".
Zudem machten die ständig steigenden Konsumwünsche ihrer Kinder, aber auch die eigenen Wunschvorstellungen vom Familienfest und das Festhalten an vermeintlichen Traditionen und Ritualen vielen Frauen zu schaffen. Sie haben schlichtweg Angst zu versagen. Belardi warnt deshalb "vor überhöhten Erwartungen" und überzogenen Ansprüchen an Weihnachten. Dies könne zu Missstimmungen in der Familie führen.
Wichtig sei vor allem die gute Vorbereitung des Festes. Schon im Vorfeld sollten alle Familienmitglieder ihre Wünsche äußern und klären, wer die Weihnachtsdekoration und den Tannenbaum besorgt, wer bäckt, wer zusammen feiert und welche Geschenke ausgetauscht werden. Abhängig von der Lebenssituation könnte sich die Vorstellung von einem gelungenen Weihnachtsfest jedes Jahr ändern, betont die Psychotherapeutin.
Nach Ansicht von Christoph Beck vom Helfrecht-Unternehmenszentrum sind im Advent vor allem zwei Projekte wichtig: Das "Geschenke-Management" und die Planung des Festtagsprogramms. Die Vorbereitung der Checkliste einige Wochen vor dem Fest koste maximal eine halbe Stunde und erspare beim Einkauf die vier- bis fünfache Zeit. "Wenn man alles auf sich zukommen lässt, dann kommt der Stress ganz automatisch", sagt Beck.
Zudem seien auf den letzten Drücker gekaufte Geschenke meist Verlegenheitslösungen. Wer sich die nervenaufreibende Hatz durch die Geschäfte nach dem passenden Präsent für Oma Ilse oder Onkel Dieter sparen will, kann auch bequem das Internet durchforsten - oder ganz aufs Einkaufen verzichten. Denn es müssen nicht immer materielle Gaben sein, wie Belardi betont: "Manchmal kann man auch Zeit schenken - einen Kinobesuch, Spieleabend oder einen Nachmittag mit den Großeltern."
Auch andere kräftezehrende Gewohnheiten sind den Experten zufolge verzichtbar. So zermürbt die Hetzerei von Weihnachtsfeier zu Weihnachtsfeier genauso wie die Hektik bei den Festvorbereitungen. Auch sollte sich niemand zusätzlich durch einen ausgiebigen Weihnachtsputz stressen, selbst wenn penible Verwandte zu Besuch kommen.
Wichtig sind vor allem Ruhephasen. In den Advent gehört nach Angaben der Gesellschaft für wissenschaftliche Gesprächspsychotherapie (GwG) vor allem die Zeit, in der "nichts" läuft. Wer es schaffe, sich eine Kerze anzuzünden und in Ruhe Musik zu hören, habe es leichter, sich innerlich zu beteiligen. Auch sollte das totale Familien-Zusammensein in der Weihnachtszeit keinesfalls erzwungen werden und Einzelnen Freiraum zugestanden werden; das gilt besonders für Teenager.
Wer hingegen allein lebt und sich nach Geselligkeit sehnt, sollte sich laut GwG rechtzeitig mit Freunden besprechen, wer mit wem feiert. Und wer die Nase schließlich voll hat von all dem Weihnachtstrubel, kann die Koffer packen und verreisen, rät Belardi. "Warum nicht einmal Weihnachtsflüchtling sein."