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Feuer und Flamme

Von Monika Jonasch

Wissen

Ein Streichholz, ein Brandsatz oder einfach Nachlässigkeit - die meisten Waldbrände werden durch Menschen verursacht. Ihre Gier nach immer mehr Land für Häuser, Landwirtschaft oder Infrastruktur nagt an den grünen Lungen unserer Erde.


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Sommer, Sonne, Hitze, Trockenheit - und schon beginnt wieder die Waldbrandsaison rund um das Mittelmeer. Alljährlich brechen in dieser Region unfassbare 50.000 Waldbrände aus, wobei bis zu einer Million Hektar Wald vernichtet werden. Das entspricht der Fläche ganz Kretas oder Korsikas - Tendenz steigend.

Spektakuläre Bilder von Flugzeugen und Hubschraubern, die aus der Luft Flammen löschen, gehen durch die Medien. Menschen verlieren ihr Zuhause, stehen plötzlich vor dem Nichts. Aber warum sieht man alljährlich die gleichen Szenen, scheint man der Urgewalt des Feuers kaum noch Herr werden zu können? Trotz aller Technik sieht sich der Mensch hier einem Element ausgeliefert, das er nicht beherrschen kann, sobald es eine gewisse Durchschlagskraft entwickelt hat.

Die Brandstifter.

Fast unweigerlich lautet die Diagnose nach jedem Feuer: Brandstiftung. Steigende Grundstückspreise heizen die Gier an und durch ein Feuer lässt sich schnell geschütztes Waldland in Bauland umwandeln. Fataler Auslöser: In den meisten Mittelmeerstaaten fehlt ein zuverlässiger Grundstücks-kataster, der verhindert, dass abgebranntes Land in Bauland umgewandelt wird, obwohl es die lokale Gesetzeslage sogar verbieten würde.

Hinzu kommen die Landflucht der Bevölkerung und die prekäre Einkommenssituation derer, die ohne aufmerksame Nachbarn auf dem Land zurückbleiben. Da wird ein Landwirt oder Schäfer schnell einmal zum Brandstifter - manchmal sogar ein Feuerwehrmann oder Forstarbeitet. Feuer schafft nämlich nicht nur Flächen für Landwirtschaft oder Immobilien, sondern auch Arbeit. Unterbeschäftigte Forstarbeiter und Feuerwehrleute helfen daher immer öfter nach, lässt sich doch an Löschaktionen und Aufforstung verdienen.

Schließlich gibt es noch die professionellen Brandstifter, also jene die im Auftrag von Hintermännern handeln und am Zündeln verdienen. Laut Erkenntnissen italienischer Ermittler lässt sich mit Brandlegung zwischen 200 und 5000 Euro verdienen. Kuriosum am Rande: Pensionisten sind mit rund 30 Prozent unter den Brandstiftern besonders stark vertreten. Jeder zweite Brandstifter ist z.B. in Italien über 60 Jahre alt und bessert sich mit den feurigen Zusatzeinkünften seine Rente auf.

Politisches Kalkül.

So aufsehenerregend die Bilder von waghalsigen Lufteinsätzen zur Brandbekämpfung sind, so wenig hilfreich sind Last-Minute-Löschaktionen langfristig gesehen. Vorbeugung und Beobachtung, Waldpflege und Aufklärung klingen zwar vergleichsweise langweilig, würden aber ungleich mehr Effekte haben, urteilt der World Wildlife Fund (WWF) in seiner Waldbrandstudie. Besonders die Politik kommt hierbei nicht gut weg. Sie reagiert nur im Katastrophenfall und investiert lieber in teure technische Ausstattung zur Brandbekämpfung statt in die weniger spektakuläre Vorbeugung.

Beispiel Griechenland.

Dies lässt sich gut am Beispiel Griechenlands darstellen. 1998 wurde hier die Verantwortung für die Waldbrandbekämpfung vom Forstdienst abgezogen und der Feuerwehr übertragen. Daraufhin wurden vorbeugende Maßnahmen vernachlässigt und es wurde in Löschflugzeuge und Helikopter investiert. Innerhalb von fünf Jahren verdoppelte sich das dafür aufgewendete Budget. Griechenland hat mittlerweile die größte Flotte an Löschflugzeugen unter den Mittelmeerländern. Die Brandkatastrophe von 2007 konnte dennoch nicht verhindert werden. Ein Winter mit wenigen Niederschlägen, mehrere Hitzeperioden während der Sommermonate und eine Menge brennbares Material, das sich in den Wäldern ansammeln konnte - fertig waren die Zutaten für eine Mega-Brandkatastrophe.

Ende August 2007 verbrannten auf dem Peloponnes 170.000 Hektar Wald. 69 Menschen starben, 1710 Menschen wurden obdachlos. Mängel bei der Koordination der verantwortlichen Stellen in den verschiedenen Ministerien und der gleichzeitig stattfindende Wahlkampf taten das Ihrige, die Situation zu verschärfen. Die griechische Obrigkeit verkündete zunächst auf Druck der Öffentlichkeit, dass die Brandgebiete geschützt bleiben. Bereits einen Monat später wurde jedoch schon die Bebauung dieser Zonen geplant. 2009 folgte der nächste Megabrand am Rande der Millionenstadt Athen - man hatte nichts aus der Katastrophe zwei Jahre zuvor gelernt. Hinzu kommen aktuell noch Finanzkrise und Sparzwang. Für die Forstbehörde in Griechenland gibt es daher kein Budget mehr zur Brandvorbeugung oder auch nur zur Erhaltung der Forststraßen, die bei der Brandbekämpfung lebensnotwendig sind. Die nächste Katastrophe ist damit vorprogrammiert.

Sinnvolle Vorbeugung.

Durch Ursachenforschung und Evaluation der Kosten und Folgekosten von Waldbränden können sinnvolle Maßnahmen entwickelt werden, um die Schäden von Waldbränden erheblich zu reduzieren, urteilt der WWF. Aufklärung und Erziehung ist eine Seite, die Waldpflege die andere Seite dieses Katalogs an Möglichkeiten.

So sollten Monokulturen wie die in Portugal verbreiteten Eukalyptus-Haine vermieden werden und wieder durch die dort einst heimischen Korkeichen ersetzt werden. Natürliche Wälder verringern die Brandgefahr, weil sie widerstandsfähiger sind, sich leichter regenerieren. Es gibt sogar Wälder, die vom Feuer abhängig sind, sich damit schneller regenerieren. Vorrausetzung dafür ist allerdings, dass es sich nur um kleinere Feuer handelt. Wird das Unterholz regelmäßig reduziert, bekommt ein Feuer weniger Nahrung. Statt eines Megabrandes kann das Feuer so auf kleinere Flächen beschränkt werden.

In vielen Regionen wurde traditionellerweise Brandrodungsfeldbau betrieben, und so absurd das klingt: Das half gegen unkontrollierte Waldbrände. Besser also gezielt in den Wintermonaten das Unterholz abbrennen als im Sommer von einem Megafeuer überrascht zu werden. Dennoch gilt es dabei im Auge zu behalten, dass die Waldfläche nicht immer mehr landwirtschaftlichen Nutzflächen weicht und gar mit Häusern zersiedelt wird.

Brandschneisen und Forststraßen können sich im Falle eines Waldbrandes als nützlich erweisen, aber auch das Gegenteil bewirken. Generell gilt daher die Risikoabwägung, denn, so meint der WWF: „Ob bisher unberührte Wälder erschlossen werden, sollte stets einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegen, denn mit neuen Waldwegen kommen automatisch auch mehr Menschen. Dadurch steigt unweigerlich die Gefahr neuer durch den Menschen verursachter Brände.”

Harte Strafen für Brandstiftung und das Verbot, Brandflächen in Bauland umzuwandeln, sogar das Verbot der Wiederaufforstung von verbrannten Wäldern gibt es in vielen Mittelmeerregionen. All das scheitert jedoch an ungenügenden Aufzeichnungen über Grund- und Eigentumsrechte. Und wenn man nicht weiß, welche Fläche vor einigen Jahren gebrannt hat, lässt sich auch eine Umwidmung nicht verhindern. Gesetze können nicht durchgesetzt werden, Streitigkeiten um Grund und Boden schaffen zusätzliche Motive für Brandstiftung.

Fataler Kreislauf.

Im Mittelmeerraum hat sich die durchschnittliche jährliche Waldbrandfläche seit den 1960er Jahren vervierfacht. Ursachen sind einerseits, wie erwähnt, Brandstiftung, andererseits aber auch die stets wachsende Hitze und Trockenheit. Die Klimaerwärmung sorgt für zunehmende Trockenheit, Experten prognostizieren, dass mit einem weiteren Temperaturanstieg von durchschnittlich zwei Grad etwa zur Mitte dieses Jahrhunderts das ganze Jahr über Waldbrandgefahr rund ums Mittelmeer herrschen wird.

Ein großer Waldbrand bedeutet in jedem Fall eine ökologische Katastrophe. Nicht nur, dass die Tier-und Pflanzenwelt der Region oft unwiederbringlich verloren geht. Auch das Klima wird enorm belastet, bedeutet doch ein Feuer, dass in kürzester Zeit gigantische Emissionen an Kohlendioxid freigesetzt werden. Der Treibhauseffekt wird zusätzlich angeheizt. Es wird noch wärmer und die Feuerempfindlichkeit der noch bestehenden Wälder nimmt weiter zu. Wasserknappheit vergrößert die Gefahr unkontrollierbarer Brände. Der Wald als Wasserspeicher geht verloren. Stattdessen laugt Regen die Brandflächen zusätzlich aus. Diese Bodenerosion führt zur Wüstenbildung, der Wald kann sich nicht mehr selbst regenerieren. Ab einem bestimmten Anteil von Waldverlust bricht dann das regionale Klima zusammen. Sommer fast ohne Regen mit vielen, sehr langen Hitzeperioden erhöhen das Risiko weiterer Waldbrände. Ein fataler Kreislauf, bei dem zum Schluss nur noch verbrannte Erde übrig bleibt.

Brandherde der Erde.Mittelmeerraum: Besonders betroffen sind hier Spanien, Portugal, Italien und Griechenland. Am meisten gefährdet ist Portugal mit seinen Eukalyptus-Monokulturen. 50.000 Mal brennt es in der Mittelmeerregion jedes Jahr, wobei sich die Brandfläche in der gesamten Region seit den 1960ern vervierfacht hat, in Spanien sogar verzehnfacht.

Russland/Sibirien: Bevölkerungswachstum und die fortschreitende Erschließung durch Bahnlinien und Stromleitungen führen zu immer häufigeren Ausbrüchen von Bränden. „Von 2000 bis 2007 verbrannten insgesamt 52,5 Millionen Hektar Wald, dies entspricht 6,5% der gesamten russischen Waldfläche”, hat der WWF beobachtet. Riesige Flächenbrände entstehen durch Brandstiftung, besonders fatal wirken sich auch hier Torfbrände aus, die kaum zu löschen sind. Erst 2010 bedrohte ein Flächenbrand die Hauptstadt Moskau. Auch heuer sind bereits Dutzende Brände ausgebrochen. Besonders besorgniserregend ist dabei, dass nun jene Wälder brennen, die nach der Katastrophe von Tschernobyl 1986 extrem viel Strahlung abbekommen haben. Durch das Feuer werden die radioaktiven Partikel in Boden und Pflanzen nun erneut freigesetzt.

Südostasien: Bevölkerungswachstum, unkontrollierter Brandrodungsfeldbau und große Flächen, wo billige Rohstoffe wie Zellstoff oder Palmöl gewonnen werden, machen Flächenbrände hier zu echten Katastrophen. Die Vegetation ist nicht an Feuer angepasst, Brände können über Monate wüten. Zwischen 1990 und 2005 wurden in Süd- und Südostasien so mehr als 40 Mio. Hektar Wald vernichtet. Besonders katastrophal sind auch hier Torfbrände, da binnen kürzester Zeit so enorme Kohlendioxid-Mengen freigesetzt werden.

Amazonasbecken: Im Amazonasgebiet befindet sich der größte noch intakt gebliebene Regenwaldblock der Erde. Er ist für das Weltklima mitbestimmend, seine Zerstörung fördert die globale Erwärmung. Bis zum Jahr 2030 könnten hier bereits 55% des Regenwaldes vernichtet oder stark beschädigt sein. Ursachen sind Holzwirtschaft und Brandrodung für Viehwirtschaft und Sojaanbau. Etwa 20% der Wälder im Amazonasgebiet sind bereits verloren, 17% sind durch menschliche Eingriffe angegriffen. Zudem scheint es, als würde der Rauch der Waldbrände Niederschläge verhindern und so zu Trockenheit und noch mehr Bränden führen.

USA/Kalifornien: Hier sind Waldbrände eigentlich ein natürliches Phänomen, das in gewisser Regelmäßigkeit auftritt. Kurioserweise hat die Verhinderung kleinerer, periodischer Waldbrände zu extremen, unkontrollierbaren Flächenbränden geführt. 2,8 Mio. Hektar Wald sind so allein zwischen den Jahren 2000 und 2009 jedes Jahr verbrannt. Extreme Hitze und Trockenheit, aber auch die fortschreitende Zersiedelung sowie der Bau von Forststraßen in bisher unberührten Gebieten erhöhen die Brandgefahr noch.

Australien: Feuer gehören in den Graslandschaften und Savannen Australiens zum Leben, werden auch bewusst forciert, um das Pflanzenwachstum für die Viehwirtschaft anzuregen. Im wenig besiedelten Norden des Kontinents brennen alljährlich riesige Flächen ab, als zerstörerischer werden jedoch die kleinräumigeren Brände im dicht besiedelten Süden Australiens empfunden, wo Häuser und Menschen in Gefahr geraten. Mehr als die Hälfte der Brände geht auf Brandstiftung zurück, Hitze und Trockenheit erhöhen die Brandgefahr.