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Thailand fordert Bürger auf, Kambodscha zu verlassen. | Nationalistische Gefühle regieren in beiden Ländern. | Bangkok/Phnom Penh/Wien. Der Grenzkonflikt zwischen Thailand und Kambodscha rund um die Tempelanlage Preah Vihear ist eskaliert. So kam es am Mittwoch zu einem heftigen Feuergefecht zwischen den an der Grenze stationierten Truppen beider Länder. Zwei kambodschanische Soldaten wurden getötet und sieben Soldaten von beiden Seiten verletzt, teilte Kambodschas Regierung mit. Kambodscha habe zehn thailändische Soldaten als Gefangene genommen, hieß es zudem aus Phnom Penh. Thailands Militär erklärte hingegen, dass es keine Soldaten vermisse.
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Die Kampfhandlungen dauerten etwa 40 Minuten. Beide Seiten warfen einander vor, den ersten Schuss abgefeuert zu haben.
Wüste Drohung
Kurz nach der bewaffneten Auseinandersetzung rief Thailands Regierung ihre Bürger auf, Kambodscha zu verlassen. Schon tags zuvor hatte der kambodschanische Premier Hun Sen Thailand mit einer "Kampfzone auf Leben und Tod" gedroht. Man sei für einen Krieg gerüstet, war die Antwort aus Bangkok.
Der im 11. Jahrhundert erbaute Tempel Preah Vihear wurde zwar 1962 vom Internationalen Gerichtshof - sehr zum Missfallen Thailands - Kambodscha zugesprochen. Ein rund vier Quadratkilometer großes Gebiet rund um die Anlage blieb aber umstritten. Auf diesem ist zwar nichts weiter als unwegsames Gebüsch - trotzdem streiten sich die beiden Länder bis heute darum. Denn den Konflikt regieren nationalistische Gefühle.
So gab es in Thailand einen Aufschrei der nationalen Empörung, als die Unesco den kambodschanischen Tempel im Juli zum Weltkulturerbe erklärte. Kurz darauf schickte Bangkok Truppen ins umstrittene Grenzgebiet. Kambodscha zog nach, seitdem stehen sich die Einheiten der beiden Länder gegenüber.
Hinzu kommt, dass Thailands Regierung schwer unter Druck ist. Seit Monaten sind in Bangkok Proteste gegen sie im Gange, die Demonstranten fordern den Rücktritt des Kabinetts von Premier Somchai Wongsawat. Die Regierung könnte den Grenzkonflikt nun nutzen, um die Bevölkerung hinter sich zu einen.
Kambodschas Premier Hun sitzt zwar nach einem überwältigenden Wahlsieg fest im Sattel, doch fällt auch ihm laut Beobachtern ein Nachgeben schwer. Denn die kambodschanische Bevölkerung reagiert auf Territorialfragen äußerst gereizt. Auch wenn es schon Jahrhunderte her ist, weiß jedes Schulkind, dass das heutige Kambodscha nur noch ein Bruchteil des einst großen Reich der Khmer (des Staatsvolks Kambodschas) ist.
Gemäßigte Stimmen auf beiden Seiten hoffen nun, dass die nationalistischen Gefühle nicht derart hochgehen, dass wegen eines Streifen Gebüschs tatsächlich ein Krieg ausbricht.