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"Beim Felten" in Schrems einen Job zu haben oder nicht, das war seit vielen Jahren ein Entscheidungskriterium für viele im schönen nördlichen Waldviertel, ob sie bleiben oder wegziehen sollten,
dorthin, wo es Arbeit gab. Daß die Felten & Guillaume Austria weiterhin "der größte industrielle Arbeitgeber Niederösterreichs nördlich der Donau" ist, daß das Stammwerk in Schrems jetzt rund 250
Mitarbeiter mehr beschäftigt als im Jahre 1990, verdankt man dem Gang über die Grenze.
"Damals waren wir im Prinzip ein Österreich-Player", erzählt Vorstandschef Theo Kubat. Mit 500 Mill. Schilling Umsatz und rund 900 Mitarbeitern setzte "Schalter-Felten" nicht einmal 20% der
Produktion im Ausland ab. Und hatte mit steigenden Kosten und wachsendem Konkurrenzdruck zu kämpfen. Im Vorjahr setzten die österreichischen Schutzschalterbauer 1,7 Mrd. Schilling um, bei einer
Exportquote von 67%.
Der erste Schritt über die Grenze war kein weiter: Kaum zehn Kilometer vom Stammwerk entfernt, im südböhmischen Suchdol begann man 1994 mit dem Assembling von Schaltern. Heute ist das dortige Werk
mit mittlerweile 800 Mitarbeitern wegen der niedrigeren Lohnkosten unter anderem ein Garant dafür, daß man Kostenführer in der Branche ist.
Seit Herbst 1998 ist der Haupteigentümer von F&G Austria die Bonner Moeller Holding. Die Österreicher sehen in der neuen Konstellation eine große Chance: "Die Produktpaletten von Moeller und F&G sind
komplementär, wir können vor allem künftig das Vertriebsnetz von Moeller in bisher unbearbeiteten Märkten in der Schweiz, Südamerika und Skandinavien mitbenutzen", erläutert Kubat.
Die neu geformte Moeller-Gruppe kommt mit rund 11.000 Mitarbeitern auf mehr als 16 Mrd. Schilling Umsatz und ist in den Geschäftsbereichen Industrieschaltgeräte, Installationsschaltgeräte,
Automatisierungstechnik und Energieverteilung tätig und zählt · nach der französischen Groupe Schneider und Siemens · zu den größten europäischen Anbietern von Elektro-, Elektronik- und
Energietechnik.
Das Waldviertler Stammwerk in Schrems bleibt konzernweites Kompetenzzentrum für Installationsschaltgeräte und damit auch für Forschung und Entwicklung. Die Schlüsselkomponenten, das Know-how und die
Fertigungsanlagen kommen weiterhin aus dem Waldviertel. Neben der Internationalisierung · nach inzwischen bereits laufenden Werken in Spanien, Australien, Malaysia und Indonesien soll noch heuer in
China ein Assemblingwerk für den dortigen Markt anlaufen · sind Qualität und Forschung die weiteren Voraussetzungen für Wachstum. Und Wachstum "ist für uns ein Muß", sagt Kubat, "wir suchen Synergien
nicht im Reduzieren, sondern im Erweitern. Eins und eins ist bei uns drei."
Qualität sichert man in in enger Zusammenarbeit mit dem Österreichischen Verband für Elektrotechnik - wenn das ÖVE-Zeichen drauf ist, weiß nicht nur jedes Kind, daß es ein sicheres Elektrogerät in
der Hand hat, das wissen auch die internationalen Einkäufer.
Für Forschung und Entwicklung wendet man 5% vom Umsatz auf. In Wien-Strebersdorf soll heuer um 42 Mill. Schilling ein neues Forschungs- und Entwicklungslaboratorium mit 40 Mitarbeitern entstehen, das
alte in Nußdorf platzt aus allen Nähten.
Und wenn die Kosten in der "verlängerten Werkbank" jenseits der Grenze sich einmal angleichen, Tschechien in der EU ist? Das dauert noch, sind die Praktiker Kubat und sein Technik-Vortandskollege
Alfred Mörx sicher. Aber wenn doch, dann ziehen sie über die nächsten Grenzen, an Rumänien denkt man jetzt schon "ein bißchen". Auch an den Iran, obwohl es dort "sicherlich ein gewisses politisches
Risiko gibt".
An die Märkte in Zentral- und Osteuropa, für die auch im Moeller-Verbund die Österreicher zuständig bleiben, denken die Schremser überhaupt sehr gerne: "Wenn in diesen Ländern die Ausrüstungsdichte
mit Sicherheitsschutzschaltern nur auf den bereits in Tschechien erreichten Stand steigt, dann bedeutet das eine Verdreifachung des Marktvolumens in Europa". In Tschechien ist man mittlerweile
Marktführer - weil man rechtzeitig über die Grenze gegangen ist.