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Praxisnähe und Berufsorientierung. | Fixer Stundenplan ohne Wahlfächer. | Studienplatz nur mit Aufnahmetest. | Wien. Lichtdurchflutete Gänge, grauer Schieferboden, elegante Ledersitzmöbel. In Sichtweite des Buchgeschäftes ein Aquarium. In jedem Stock eine saubere Toilette, in der es immer genug Klopapier gibt.
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Hier ist nicht etwa die Rede von einem Luxus-Hotel. Es handelt sich vielmehr um das neue Gebäude der Fachhochschule Wien (FHW) am Währinger Gürtel. Auf dem durchgestylten Vorplatz des Gebäudes sitzen Gruppen junger Menschen auf Designer-Holzbänken. Statt der Mensa gibt es ein schickes Restaurant. Die meisten der Anwesenden sind Fachhochschulstudenten, einige haben gerade erst ihr mehrstufiges Bewerbungsverfahren hinter sich gebracht.
40 Studienplätze pro Studiengang sind vorgesehen. Jeder Jahrgang bleibt während der Ausbildungszeit zusammen - ähnlich wie eine Schulklasse. Wer einen solchen Platz ergattert hat, muss sich während des Studiums weder vor einem Hörsaal anstellen, noch für eine Prüfung anmelden oder zittern, ob er noch einen Platz in einem Proseminar bekommt. Die Studiengebühr beträgt an einer Fachhochschule 363,63 Euro pro Semester, wie an der Uni. Im Jahr 2007 gab es hier 2348 Studenten, seit 1994 immerhin 2759 Absolventen. An der FHW kann man aus acht Studiengängen wählen, 60 Prozent des Studienangebots sind berufsbegleitend.
Ist Studieren an einer FH also der pure Luxus? Für Thomas, 22, schon. Er hat vorher an der WU Betriebswirtschaft studiert: "Das war thematisch schon meins, aber der bürokratische Aufwand an der Uni hat mich gestresst. Ständig muss man sich wo anmelden, was einreichen oder sitzt im Hörsaal auf dem Boden", erinnert sich Thomas. Außerdem gibt er zu, ein "wenig strukturierter Mensch" zu sein. Also hat er sich für den Studiengang Marketing und Sales an der FHW beworben und wurde prompt genommen. Das Bewerbungsverfahren hat er als "nervenzerfetzend" in Erinnerung.
Thomas glaubt, dass das strenge Selektionsverfahren aber Vorteile hat: "Da die am Anfang schon aussieben, gibt es dann während des Studiums keine Knock-out-Prüfungen mehr", meint er.
Berufseinstieg ist für FH-Studenten leichter
Das Bewerbungsverfahren variiert bei den einzelnen Studiengängen. Aber ein Intelligenztest und eine Art Assessment-Center sind immer dabei. Für Thomas ist die FH genau das Richtige: "Es gibt einen fixen Stundenplan, Anwesenheitspflicht - und ich weiß, dass ich in vier Jahren meinen Magister hab." Thomas studiert noch im alten Studienplan und wird mit Magister FH abschließen. Mittlerweile haben aber alle Fachhochschulen auf Bachelor- und Master-Studiengänge umgestellt.
Eine FH hat einen sehr verschulten Stundenplan. Ein weiteres Charakteristikum ist die starke berufspraktische Orientierung: "Ein Fachhochschulstudium ist eine Berufsausbildung und keine Berufsvorbildung", bringt es Andreas Neuhold von der Geschäftsstelle des Fachhochschulrats auf den Punkt. "Der Berufseinstieg ist für FH-Absolventen sicher leichter", so Neuhold. Gegen Ende des Studiums müssen Studenten Berufspraktika absolvieren. Schon während der ersten Semester können Kontakte mit potenziellen Arbeitgebern geknüpft werden. Lehrende an der FH sind meist aus der Praxis.
Aber der starre Stundenplan ist nicht jedermanns Sache. Vera ist 25 und kommt aus Dornbirn. Nach der Matura begann sie in Wien an der TU Architektur zu studieren: "Irgendwann hatte ich dann das Gefühl, dass da kein Ende in Sicht ist." Also entschied sie, zurück in den Westen zu gehen, um an der FH Vorarlberg zu studieren - technisches Produktionsmanagement. Insgesamt zwei Semester lang: "Aber dann hat mich an der FH genau das gestört, was vorher mein Uni-Studium so in die Länge gezogen hat. Der dichte Stundenplan etwa, oder die fehlenden Wahlmöglichkeiten." Also kehrte sie wieder zurück in die Hauptstadt und setzte ihr Architekturstudium fort: "Ich bin ja jetzt älter und hab mein Zeitmanagement besser im Griff, außerdem ist das akademische Niveau an der Uni schon anders. Ich find´ den Ausdruck Fast-Hochschule für FH ja nicht ganz unzutreffend", schmunzelt Vera.
Wechsel an die Uni oft recht schwierig
Neuhold dazu: "Was die Forschung und Lehre betrifft, hat sich an den Fachhochschulen mittlerweile einiges getan. Mit der Umstellung auf Bachelor und Master ist das Studium jetzt breiter angelegt." Gesetzlich geregelt ist auch die Durchlässigkeit zwischen Universität und FH. Wer an der FH einen Bachelor macht, sollte den Master an der Uni machen können und umgekehrt. Außerdem sind FH-Studenten seit Anfang 2008 auch in der Österreichischen Hochschülerschaft (ÖH) vertreten. Aber: "In der Realität ist es noch so, dass FH-Absolventen oft Schwierigkeiten haben, an der Uni in ein Master-Programm zu kommen", meint er.
Ob man lieber an der FH oder an der Uni studieren soll, "hängt halt auch vom Typ ab", meint Vera. "Echte Chaoten sind vermutlich an der FH besser dran, wenn sie fertig werden wollen."
Die zehn größten Fachhochschulen
NameErstsemestrige 1)SchwerpunkteWebsiteFH Wiener Neustadt1043Wirtschaft, Technik, Sicherheit, Gesundheitwww.fhwn.ac.atFH Technikum Wien1015Technologie, Industrie, Elektronik, Informatikwww.technikum.wien.atFH Campus Wien777Management, Wirtschaft, Technik, Gesundheit, Sozialeshttp://fh-campuswien.ac.atFH Joanneum Graz759Information, Design, Technologie, Umwelt, Gesundheit und Wirtschaftwww.fh-joanneum.atFHW Wien594Kommunikation, Information, Medien, Journalismus, Management und Wirtschaftwww.fh-wien.ac.atFH St. Pölten550Wirtschaft, Technologie, Gesundheit und Sozialeswww.fh-stpoelten.ac.atFH Salzburg458Information, Technologie, Medien, Design, Wirtschaft, Gesundheit und Sozialeswww.fh-salzburg.ac.atFH OÖ GmbH454Information, Kommunikation, Medien, Management, Umwelt, Gesundheit, Sozialeswww.fh-ooe.atMCI Innsbruck450Management, Finanzen, Tourismus, Kommunikationwww.mci.eduFh bfi Wien434Management, Wirtschaft, Informationstechnikwww.fh-vie.ac.at
1) Stand: 2008
Quelle: Internet und FH-Rats