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Fiasko für Nahost-Politik der USA

Von Daniel Jahn

Politik

Washington - Die Appelle an Yasser Arafat sind in Washington längst zum Ritual geworden. Der Palästinenser-Chef müsse "mit Taten" beweisen, dass er die Mörder zur Rechenschaft ziehen werde, ließ Präsident Bush nach den jüngsten Anschlägen erneut über einen Sprecher verlauten. Das Ritual kann nicht verdecken, dass die USA mit ihrem Latein am Ende sind. Ihre jüngste Nahostinitiative mündete im Fiasko.


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Der US-Sondergesandte Anthony Zinni ist zur Tatenlosigkeit verurteilt, während die Gewalt zwischen Israelis und Palästinensern eskaliert. Experten sind sich sogar einig, dass seine Reise in die Region der Auslöser für die jüngste Welle palästinensischer Gewalt war.

Die Anschläge radikaler Palästinenser seien aber weniger ein Signal an die USA und Israel als an Arafat, sagt Ilan Berman, Nahostexperte beim Amerikanischen Rat für Außenpolitik in Washington. Hamas und Islamischer Dschihad wollten Arafat klar machen, dass sie in der Lage seien, seine Annäherungen an Israelis und Amerikaner zu stoppen. Für die USA stellt sich das Problem, dass sie nach jahrelanger Treue zu Arafat zunehmend erkennen müssen, dass dieser nicht mehr als Garant für den Friedensprozess taugt.

Die USA hatten Arafat jahrelang gefördert. Unter Präsident Bill Clinton ging er im Weißen Haus ein und aus. Und so wie die USA gegenüber der israelischen Siedlungspolitik in den besetzten Gebieten beide Augen zudrückten, sahen sie auch über Arafats korrupten und autoritären Regierungsstil hinweg. Das Kalkül sei gewesen, diese Themen zu übergehen, um die Verhandlungen über einen palästinensischen Staat nicht zu behindern, sagt Daniel Brumberg, Nahostexperte der Georgetown-Universität in Washington.

Bush hat Arafat zwar von Anfang an mit viel größerer Skepsis betrachtet als sein Vorgänger Clinton. Doch auch wenn er eine direkte Begegnung mit dem Palästinenserchef bisher vermied, blieb Arafat für ihn die Schlüsselfigur im palästinensischen Lager. Auch Bush vermied Kritik an Arafats Regierungsstil. Das Versäumnis, den Palästinenserchef zu demokratischen Reformen zu drängen, macht sich nun bitter bezahlt. Der schwindende Rückhalt Arafats in der eigenen Bevölkerung resultiere auch aus der Enttäuschung über sein autoritäres Regime, betont Berman. Mit ihrer einseitigen Fixierung auf Arafat hätten es die die USA zudem versäumt, frühzeitig andere palästinensische Politiker als Alternative aufzubauen, die einen pragmatischeren Kurs gegenüber Israel verträten.

Um den Friedensprozess wieder in Gang zu bringen, werde es für die USA aber nicht reichen, Arafat unter Druck zu setzen, sagt Brumberg. Sie müssten auch Israels Regierungschef Sharon klar machen, dass er den Palästinensern eine politische Perspektive bieten müsse. Für Arafat müsse es neben Strafandrohungen auch einen Anreiz geben, damit er gegen die Extremisten einschreite: Was Arafat brauche, sei "eine Karotte - und nicht nur ein Stock".