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Fiasko für Perus Umweltpolitik

Von Heiner Boberski

Wissen
Der Regenwald am Amazonas in Peru erhält immer mehr Lücken.
© Jack Fields/corbis

Maßnahmen gegen illegales Abholzen des Regenwaldes erwiesen sich als kontraproduktiv.


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Wien Gut gemeint ist oft das Gegenteil von gut. In Peru haben sich gesetzliche Maßnahmen, die den Regenwald am Amazonas schützen sollten, eindeutig negativ ausgewirkt. Das Abholzen der wichtigen Waldressourcen wurde nicht gebremst, sondern beschleunigt. Das haben nun Experten um Matt Finer vom Zentrum für Internationale Umweltgesetzgebung (Ciel) in Washington, USA, in der Zeitschrift "Scientific Reports" aufgedeckt.

Aus Sicht der Experten ist das peruanische Amazonasgebiet eine sehr wichtige Arena bei den globalen Bemühungen um eine nachhaltige Holzwirtschaft in den tropischen Gebieten. Doch ungeachtet aller aktuellen Anstrengungen geht das illegale Holzfällen in der Region munter weiter. In ihrer Studie führen die Forscher den Beweis, dass das in Peru eingerichtete System von Rodungskonzessionen eine Ausweitung des illegalen Rodens ermöglicht hat. Denn neben zur Rodung freigegebenen Flächen wurden illegal auch andere Areale - mit zum Teil geschützten Baumarten - abgeholzt. Das Problem besteht darin, dass die Herkunft von Holz, das meist erst beim Transport oder im Hafen kontrolliert wird, später sehr schwer zu ermitteln ist.

In einer Analyse der offiziellen Regierungsdaten stellte das Wissenschafterteam fest, dass bei 68,3 Prozent der Rodungskonzessionen seitens der Behörden der Verdacht auf grobe Verstöße geäußert wurde. Von insgesamt 609 Konzessionen wurden daher schon fast 30 Prozent wegen Verstößen zurückgenommen, ein Prozentsatz, der aus Sicht der Experten im Laufe weiterer Untersuchungen noch steigen wird.

Mit der Hilfe von Rodungslizenzen sei man offenbar auch in geschützte Zonen vorgedrungen und hätte dort Bäume geschlagen, schreiben die Wissenschafter. Damit seien alle bewaldeten Gebiete bedroht. Viele dieser Übertretungen beziehen sich auf die illegale Entnahme von Holzarten, die auf der Liste des Washingtoner Artenschutzübereinkommens (Cites) stehen, das den internationalen Handel mit gefährdeten Arten frei lebender Tiere und Pflanzen und ihrer Produkte regelt. Aus Sicht des Forscherteams zeigen diese Erkenntnisse den dringenden Bedarf an zusätzlichen Reformen auf.

Die neue Studie weist darauf hin, dass nachhaltige Fortwirtschaft in den Tropen ein auf internationaler Ebene häufig zitiertes Ziel ist, aber schwer umgesetzt werden kann. Denn illegales Abholzen ist in den Tropen weitverbreitet, Korruption ebenfalls. Umfassende Studien, wie sich bestehende gesetzliche Rahmenwerke auf die illegale Abholzung auswirken, seien selten. Für das peruanische Amazonasgebiet wurde aber nun der Versuch unternommen, offizielle Informationen zu dieser Thematik zu analysieren.

Nur in 20 Prozent der Fälle keine oder geringe Verstöße

Ein Eckstein der peruanischen Umweltpolitik ist das Forstgesetz von 2000, das "die nachhaltige Nutzung und Bewahrung der Waldressourcen" sichern soll. Das Abholzen wurde von offiziell erteilten Rodungskonzessionen abhängig gemacht. Eine wichtige Ergänzung dazu stellte das USA-Peru-Handelsabkommen vom Februar 2009 dar. Die generellen Misserfolge dieses peruanischen Holzfällungs-Systems seien seit Jahren bekannt, schreiben die Forscher, die nun ihre Erkenntnisse präsentieren, um das geografische Ausmaß des Problems und die damit verbundenen Gesetzesverstöße sichtbar zu machen.

Dazu wurden Daten der Aufsichtsbehörde Osinfor (Organismo de Supervision des los Recursos Forestales y de Fauna Silvestre) ausgewertet, vor allem für die Provinz Loreto im nördlichen Amazonasgebiet. Nur bei 20,2 Prozent der insgesamt 609 Rodungskonzessionen fand die Behörde keine oder lediglich geringfügige Verstöße. Mit Stand vom August 2013 stand für 221 Konzessionen (36,3 Prozent) die Nachkontrolle noch bevor. Der Entzug von Konzessionen steigt jedenfalls stark: Innerhalb von 20 Monaten, von November 2011 bis August 2013, nahm er um 300 Prozent zu (von 14 auf 56).