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Fico will kein Shopping am Sonntag

Von WZ-Korrespondentin Karin Rogalska

Politik
Ein Einkaufszentrum im ostslowakischen Kosice: Bald könnten Kunden hier am Sonntag vor verschlossenen Türen stehen.
© © © Colin McPherson/Corbis

Händler Tesco befürchtet, dass die Kunden nach Ungarn ausweichen.


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Bratislava. Für Ostösterreicher ist es kein Problem, selbst zu nachtschlafender Zeit außergewöhnliche Shoppinggelüste zu befriedigen. Denn in der Slowakei gibt es seit Ende des Kommunismus keine Ladenschlusszeiten mehr. Zahlreiche Geschäfte haben in Bratislava rund um die Uhr geöffnet, darunter eine der größten Filialen einer britischen Supermarktkette im Bezirk Petrzalka unweit der Grenze. Und wer unter der Woche Post, Bankgeschäfte oder Versicherungsangelegenheiten nicht schafft, kann all das selbst am Sonntag bis spät in den Abend hinein in dem halben Dutzend Shoppingmalls erledigen, die seit der Jahrtausendwende aus dem Boden gestampft wurden.

Doch bald könnte mit den durchgängigen Ladenöffnungszeiten Schluss sein. Der sozialdemokratische Ministerpräsident Robert Fico ist schon seit Jahren ein erklärter Gegner der unablässigen Betriebsamkeit bei Dienstleistern und Einzelhändlern. Er bestreitet nicht, dass durchgängige Ladenöffnungszeiten für die Kunden höchst komfortabel sind. Aus seiner Sicht tragen sie aber zunehmend zur Zerrüttung des Familienlebens in der Slowakei bei.

Deshalb will er eine durchgreifende Änderung der Ladenöffnungszeiten durchsetzen. Geschäfte sollen an Sonntagen und staatlichen Feiertagen geschlossen bleiben. Ein Teil der Abgeordneten seiner Regierungspartei Smer-SD befürwortet aber einen Vorschlag der oppositionellen Partei "Gewöhnliche Leute und unabhängige Persönlichkeiten", wonach ein gesetzliches Arbeitsverbot nur an Sonntagvormittagen gilt. Aus ihrer Sicht wäre dann nämlich endlich wieder genügend Zeit für den Kirchgang oder die Zubereitung eines traditionellen üppigen Mittagessens.

Ministerpräsident hat prominente Unterstützer

Fico hatte sich schon während seiner ersten Amtszeit zwischen 2006 bis 2010 darum bemüht, ein Beschäftigungsverbot während der Oster- und Weihnachtsfeiertage durchzusetzen. In der Praxis wurden entsprechende Vorschriften jedoch reihenweise dadurch umgangen, dass sich Handelsketten beispielsweise Sondergenehmigungen für die Öffnung einzelner Filialen beschafften.

Inzwischen hat Fico prominente Unterstützer gefunden. Zu ihnen zählt der Vorstandsvorsitzende der Lebensmittelkette Coop Jednota in der Slowakei, Martin Katriak.

In den Filialen der Coop Jednota sind ungefähr 300.000 Menschen beschäftigt, davon 90 Prozent Frauen. Drei Viertel von ihnen haben Kinder unter 15 Jahren. "Wir sind uns im Klaren, dass wir zu einem günstigen familiären Umfeld für diese Frauen beitragen, wenn unsere Geschäfte sonntags und an Feiertagen geschlossen bleiben. Es ist in unserem Interesse, dass Kunden wie Beschäftigte zufrieden sind", so der Unternehmenschef. Im Übrigen würden an Sonntagen nur zwei Prozent seines gesamten Umsatzes erzielt.

Geregelte Ladenschlusszeiten wie in Deutschland oder Österreich nennt Katriak "eine wertvolle Inspiration für die Slowakei". Tatsächlich fällt ihm aber das Umdenken sichtlich schwer. Aus seiner Sicht sollten nämlich doch wieder Ausnahmen für rund ein Fünftel aller Sonntage im Jahr gelten, etwa vor Weihnachten, Neujahr oder vor Schulferien.

Peter Sklenar, bei der Supermarktkette Tesco Stores zuständig für Außenbeziehungen, erteilt gesetzlichen Vorgaben für den Ladenschluss hingegen eine Absage. Dem Einzelhandel würden aus seiner Sicht wichtige Umsätze entgehen, sollte sich Fico durchsetzen. Das hätte zahlreiche Entlassungen und einen Rückgang der Einnahmen des Fiskus aus der Mehrwertsteuer um 20 Millionen Euro zur Folge. "Im Übrigen würde sich, anders als von Fico beabsichtigt, in den Köpfen der Menschen nichts ändern, weil sie an Sonn- und Feiertagen nach Ungarn ausweichen würden, wo flexible Ladenöffnungszeiten gelten", betont Sklenar.