Forscher entdeckten den Mechanismus, wie Fieber Krankheitserreger unschädlich macht.
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Shanghai/Wien. Die nasse und kalte Jahreszeit bringt es mit sich, dass viele Menschen wieder vermehrt an Infekten laborieren. Der Körper hat für Fälle wie diese allerdings eine ihm eigene und überaus wirksame Waffe parat. Dringen nämlich Viren oder Bakterien in ihn ein, reagiert er nicht selten mit einem Anstieg der Körpertemperatur, um die Eindringlinge unschädlich zu machen. Fieber ist damit ein Teil der Antwort des Immunsystems auf Krankheit. Und je höher die Temperatur steigt, umso aktiver werden auch die Immunzellen.
Diese Vorgehensweise des Organismus ist lange bekannt. Forscher des Shanghai Institute of Biochemistry and Cell Biology haben nun aber eine Erklärung dafür gefunden, wie es zu dieser Reaktion überhaupt kommt. Demnach verändert das Fieber bestimmte Oberflächenproteine auf Immunzellen wie etwa den Lymphozyten, um diese besser durch die Blutgefäße an den Ort des Geschehens reisen zu lassen, berichtet das Team im Fachmagazin "Immunity".
Die bei der Abwehr in Aktion tretenden weißen Blutkörperchen durchwandern die Blutgefäße, um an infiziertes Gewebe oder in die Lymphknoten zu gelangen, wo sie gegen die Entzündung vorgehen. "Fieber beflügelt den Verkehr der Immunzellen innerhalb der Blutgefäße", schildert Studienautor Jian-Feng Chen in der Publikation. Während dieses Prozesses treten die sogenannten Integrine auf der Oberfläche der Lymphozyten in Erscheinung. Integrine sind Eiweißmoleküle, die Zellen mit anderen Zellen verbinden und daher auch als Adhäsionsmoleküle bezeichnet werden. Im Blutfluss mit an Bord kontrollieren sie den Transport der Abwehrzellen.
Chen und seine Kollegen fanden heraus, dass Fieber zudem die Expression des Hitzeschockproteins 90 (Hsp 90) in den Lymphozyten verstärkt. Hitzeschockproteine helfen anderen Eiweißen bei der Faltung oder Erhaltung ihrer Struktur unter Extrembedingungen - wie in diesem Fall stark erhöhter Körpertemperatur.
Hsp 90 heftet sich wiederum an ein Integrin namens alpha 4, das die Anheftung der Abwehrzelle in den Blutgefäßen fördert und damit die Aktivität des Immunsystems gesteuert wird.
Autoimmunerkrankungen
"Unsere Arbeit zeigt, dass sich dieser Mechanismus nicht nur bei den Lymphozyten zeigt, sondern auch bei Immunzellen wie den Monozyten und vermutlich auch bei anderen Zellen des Abwehrsystems", erklärt Chen.
Ihre Untersuchungen führten die Wissenschafter an Mäusen durch. War der Verbindungspfad zwischen Hsp 90 und dem Integrin blockiert, verstarben die Tiere sehr rasch. Die Forscher erkannten aber ebenso, dass der Mechanismus auch mit der Höhe der Körpertemperatur zusammenhängt. "Das Hitzeschockprotein kann erst ab einer Temperatur von 38,5 Grad Celsius aktiv werden", so der Zellbiologe.
Die Forscher glauben, dass nicht nur Fieber, sondern auch andere Belastungen die Expression von Hsp90 herbeiführen können. "Deshalb denken wir, dass dieser Hsp90-alpha4-Integrin-Pfad auch bei Autoimmunerkrankungen und bei Krebs eine bedeutende Rolle einnimmt", sagt Chen. Bei Autoimmunerkrankungen könnte ein irrtümlicher Transport von Immunzellen zu Erkrankungen von Organen oder Gewebe führen. "Wenn wir es schaffen, das zu blockieren, hätten wir auch Einfluss auf die Entwicklung von chronisch entzündlichen und Autoimmunerkrankungen."