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FilmVenedig stiehlt allen die Show

Von Matthias Greuling

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Das Filmfestival von Venedig entwickelt sich immer mehr zum verlässlichen Oscar-Orakel. Seit 2013 gelang dem Festival-Chef Alberto Barbera jedes Jahr ein Coup bei der Programmierung der ältesten Filmschau der Welt: "Gravity" holte nach der Lido-Premiere damals sieben Oscars. 2014 schaffte "Birdman" vier Oscars, und im Vorjahr "La La Land" sechs. Venedig bildet also die ideale Startrampe für die Awards Season in Nordamerika, die in den Oscars alljährlich ihren glanzvollen Höhepunkt erreicht.

Man hat Grund zur Annahme, dass sich Venedig als Oscar-Indikator weiter festigt: Heuer gewann hier nämlich "The Shape of Water" von Regisseur Guillermo del Toro den Goldenen Löwen. Seine Fantasy-Geschichte rund um ein befremdliches Amphibienwesen, das von der US-Regierung geheim gehalten wird, und das eine Beziehung zu einer stummen Putzfrau entwickelt, ist genau der unterschwellig systemkritische Stoff, den die Oscar-Jury liebt. Es geht ums Fremdsein, um Unterdrückung und Ausbeutung - alles Themen, die in Trumps Amerika hochaktuell sind und seine Gegner auf den Plan rufen. "Ich weiß, was es bedeutet, als der ‚Fremde‘ zu gelten", sagt der Mexikaner del Toro. Gut möglich, dass sein Film 2018 auch aus diesem Grund mit Oscars überhäuft wird.

Für das Festival von Venedig bedeutet dies, dass es nicht nur eine starke Plattform für das US-Kino bleibt, vor allem im direkten Konkurrenzkampf des weit weniger glamourösen Toronto-Filmfests, das fast zeitgleich stattfindet. Venedig hat mit seinem starken Programm heuer sogar der Berlinale und dem Klassenprimus Cannes die Show gestohlen.