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Finales Match um Euro-Rettung

Von Hermann Sileitsch

Wirtschaft

Investoren ziehen Schlinge um Italien und Spanien enger. | EU-Kommission kalmiert weiterhin. | EZB gerät wider Willen in Blickpunkt.


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Brüssel/Wien.

Beruhigende Worte kommen der Kommissionssprecherin sehr routiniert über die Lippen. "Die Situation hat sich in den letzten Tagen nicht verändert", beschwichtigte sie am Dienstag - befragt nach der Zuspitzung der Euro-Schuldenkrise für Italien, Spanien und Zypern.

Geglaubt wird ihr, das machen die Nachfragen deutlich, nicht. Denn keine zwei Wochen nach dem Gipfel zur vermeintlichen Euro-Rettung spielen die Märkte abermals verrückt: Die Risikoaufschläge für italienische und spanische Anleihen steigen auf Rekordniveau (siehe Grafik). So hohe Zinskosten werden die Staatshaushalte wohl auf Dauer nicht verkraften können. Die zentrale Frage ist: Wie lange könnten sich Italien und Spanien Zinsen über sechs Prozent für zehnjährige Staatsanleihen leisten, bevor sie auf externe Hilfe angewiesen sind?

Krisensitzung in Italien

"Das ist schwer zu beantworten", sagt Gudrun Egger, Analystin der Erste Group. Steigende Zinsen seien schließlich nur ein Teil der Rechnung: "Auch das nominelle Wachstum oder mögliche Einsparungen spielen eine Rolle. Die Verteuerung der Finanzierungskosten ist aber natürlich eine Bedrohung: Je höher die Kosten steigen, umso schwieriger wird es, ein tragbares Niveau zu erreichen." Egger sieht als Hauptgrund für die schlechte Marktstimmung und die neuerliche Zuspitzung der Krise die Sorge um das Wachstum: "Zum Verschuldungsproblem kommen nun noch Konjunktursorgen. Das drückt die Stimmung und führt zur Flucht in sichere Häfen wie deutsche Bundesanleihen oder in den Schweizer Franken", so Egger.

In Italien tagt ein Krisenstab mit Vertretern des Wirtschaftsministeriums, der Zentralbank und der Aufsichtsbehörden. Die Opposition drängte die Regierung von Silvio Berlusconi unterdessen zum Rücktritt. Gerüchte, dass der Premier den angesehenen Wirtschaftsminister Giulio Tremonti absägen möchte, trugen nicht gerade zur Beruhigung bei. Berlusconi will am Mittwoch und Donnerstag dem Parlament über seine Pläne zur Bewältigung der Notlage berichten.

Gute Konzepte wären dringend nötig: Der Beschluss eines Sparpakets über 48 Milliarden Euro in vier Jahren hat offenbar nicht ausgereicht, um die Investoren von Roms Zahlungsfähigkeit zu überzeugen.

Hilfsfonds überfordert

Mit Italien und Spanien tritt die Euro-Rettung in die entscheidende Phase: Ein Hilferuf dieser Länder würde den Rettungsschirm überfordern. Der aufgestockte Hilfsfonds EFSF verfügt über eine Kreditkapazität von 440 Milliarden Euro - zu wenig, um Rom oder Madrid von Kreditsorgen zu befreien. Künftig soll der EFSF zwar die Möglichkeit erhalten, durch Käufe von Staatsanleihen Marktturbulenzen zu glätten. Die nötigen Beschlüsse könnten aber bis Herbst auf sich warten lassen.

Somit gerät wider Willen die Europäische Zentralbank wieder unter Druck. Sie hat allerdings seit Monaten keine Stützungskäufe von Anleihen der Euro-Problemländer mehr durchgeführt. Der EZB-Rat berät am Donnerstag über die Geldpolitik, dann wird auch die Zuspitzung der Krise ein Thema sein.

Verschieben dürften sich wohl auch die Anteile am zweiten Griechenland-Paket: Gerüchte, wonach Italien und Spanien gar nichts zu den neuen Hilfen beitragen werden, wies die Kommission zurück. Die Sprecherin betonte aber, dass es Kompensationen für die höheren Finanzierungskosten dieser Länder geben könnte. Im Klartext: Alle anderen inklusive Österreich müssten mehr beitragen.

Österreichs Haushalt profitiert zwar (wie Deutschland) dank der Top-Bonität von der Risikoscheu der Anleger. Der Optimismus der Bevölkerung schwindet aber auch hierzulande allmählich (siehe Grafik).