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Finanzfachmann gegen Volkstribun

Von Piotr Dobrowolski

Politik

Wenn nicht alle Sterne vom Himmel fallen oder etwas ähnlich Unerwartetes passiert, dann wird der nächste slowenische Premier entweder Anton Rop oder Janez Jansa heißen, prophezeite dieser Tage ein Polit-Insider in Laibach. Tatsächlich deutet alles darauf hin, dass die Parlamentswahlen am 3. Oktober ein knappes Rennen zwischen dem eher linken Finanzfachmann und Amtsinhaber Anton Rop und dem zum rechten Volkstribun gewandelten Janez Jansa bringen werden.


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Bei rund 21 Prozent liegen nach einer Umfrage vom Samstag Jansas Demokraten, ebenso bei 21 Prozent die Liberaldemokraten von Rop. Gewinnt Rop, wird eine Fortsetzung seiner Koalition mit den Sozialdemokraten erwartet, gewinnt Jansa wird er wohl versuchen, eine Rechtskoalition zu schmieden. Wie die Wahl letztlich ausgeht, dürfte nicht zuletzt die Wahlbeteiligung entscheiden - je weiter sie fällt, desto größer werden die Chancen der Opposition.

Sozialer Touch

Die Unterschiede zwischen den beiden Hauptkandidaten sind indessen kleiner als man annehmen möchte, beide versuchen die soziale Karte zu spielen, beide setzen sich auch für Sloweniens Rolle als Mittler zwischen der EU und den Balkanstaaten ein. Die stabile wirtschaftspolitische Lage mit einem jährlichen Wachstum von 3 Prozent

und einer Arbeitslosigkeit von 6 Prozent war auch nicht dazu angetan, die Unterschiede zwischen den Kandidaten schärfer hervortreten zu lassen. Die Tageszeitung "Dnevnik" ging daher gar so weit in einem Kommentar die Frage zu stellen, wer eigentlich das Wahlprogramm von wem abgeschrieben habe: Rop von Jansa oder umgekehrt.

Während slowenische Politikbeobachter gern über den Mangel an klaren Trennlinien zwischen den Programmen der großen Parteien jammern, gewinnen Wirtschaftsleute gerade diesem Umstand viel Positives ab. Egal wie die Wahl ausgeht, so ihre Einschätzung, am erfolgreichen wirtschaftspolitischen Kurs des Landes wird sich ohnehin nicht viel ändern.

Jansa unglaubwürdig

Die Opposition versuchte im Wahlkampf dennoch die vergangene Legislaturperiode als "eine verlorene Zeit" darzustellen. "Es gab Geldverschwendung, Chancen wurden versäumt und Wahlversprechen nicht gehalten", kritisiert Janez Jansa. Im Mittelpunkt von Jansas Kritik steht nicht zuletzt auch das mangelnde soziale Gewissen der Regierung. Die weist den Vorwurf natürlich entschieden zurück. "Ein Land, in dem Milch und Honig fließt" verspricht Janez Jansa den Wählern, konstatiert die Wochenzeitung "Mladina", die Jansa einst eng verbunden war. Bloß, so stellen Jansas frühere Freunde fest, was der vom linksradikalen Intellektuellen zum rechten Volkstribun gewandelte Altoppositionelle konkret vorhat, um sein Ziel zu erreichen das sage er leider nicht. Wie denn auch? Er wolle ja schließlich alles zugleich: mehr Geld für Pensionisten, höhere Löhne und auch noch ein schlankes Budget. Jansa ist, darin stimmen die Beobachter überein, ein glänzender Redner, dem auch der nötige kleine Schuss populistischer Demagogie nicht fehlt. Das macht ihn für die Regierung auch gefährlich. Das große Glück für Regierungschef Anton Rop könnte es allerdings sein, dass Jansa möglicherweise zu viel verspricht, um noch glaubwürdig sein zu können.

Das Interesse an der Wahl war in Slowenien bislang beschränkt. Zur Hauptattraktion des Wahlkampfs wurde daher auch keiner der beiden Sieganwärter, sondern ein Mann, dessen Slowenische Volkspartei um den Wiedereinzug ins Parlament und das politische Überleben kämpft: Janez Podobnik. Mit einer gezielten Provokation an der slowenisch-kroatischen Grenze schaffte es Podobnik, ein Thema für sich zu besetzen, das bislang bei jedem slowenischen Wahlkampf irgendwann auftauchte: die ungelöste Grenzziehung zwischen Kroatien und Slowenien. Beide Länder beanspruchen einen Landstreifen im Golf von Piran für sich, der im Moment unter kroatischer Verwaltung steht, Slowenien erhebt überdies Anspruch auf den Zugang zu internationalen Gewässern, den es aufgrund der jetzigen Meeresgrenze nicht hat.

Mit einem illegalen Grenzübertritt in der strittigen Region und einer nachfolgenden Festnahme durch die kroatische Polizei hat Podobnik in der Grenzfrage alle Großparteien vor sich her getrieben. Egal ob Regierung oder Opposition - alle waren gezwungen zu dem Vorfall Stellung zu nehmen, alle stärkten Podobnik mehr oder minder den Rücken, indem sie die kroatische Vorgangsweise kritisierten. Nun hofft Podobnik, der sich von der Regierung dennoch im Stich gelassen fühlt (siehe Interview), dass seine Provokation von den Wählern honoriert wird. Am Ende, so die Hoffnung vieler Volkspartei-Leute, könnte er für einen der beiden Blöcke gar zu einem gefragten Koalitionspartner werden.

"Kroaten versenken"

Auffallend an Podobniks Aktion ist allerdings, dass der Chef der Volkspartei nicht der einzige ist, der sich des leidigen Kroatien-Themas bedient. Schon Tage vor Podobniks Provokation an der Grenze, hat ein anderer Nationalist, der Chef der Slowenischen Nationalpartei Zmago Jelincic für Aufsehen gesorgt: Bei einem Treffen von Modellflugzeugbauern forderte er die dort anwesenden slowenischen Modellbauer auf, "eine Rakete zu bauen, um die kroatischen Kampfboote in der Bucht von Piran zu versenken." Nach der Ursache für den ungewöhnlichen Appell, der vor allem in Kroatiens Medien große Aufmerksamkeit erregte, gefragt, erklärte Jelincic: "Kroatien hat sich entschlossen, mit Hunderten von Kriegsschiffen, Flugzeugen und Helikoptern die Bucht von Piran zu überwachen und uns den Zugang zum freien Meer zu verwehren. Für mich kommt das einer stilschweigenden Kriegserklärung gleich. Darauf müssen wir reagieren."

Anders als Podobniks Grenzübertritt, der auch den Besuch von EU-Aussenpolitikchef Javuer Solana in Slowenien überschattete, war Jelencic Aktion bald vergessen. Dennoch könnte Jelencic nach den Wahlen, wenn er den Einzug ins Parlament schafft, eine wichtige Rolle spielen. Ebenso wie die Volkspartei von Podobnik hoffen jedenfalls auch die Nationalen, als Mehrheitsbeschaffer für einen der beiden großen politischen Blöcke noch zu Regierungsehren zu kommen.

Versöhnliche Töne

Wie weit sich Slowenien allerdings auf Dauer Spannungen mit Kroatien leisten will, ist indessen eine andere Frage. Am Mittwoch dieser Woche kamen aus Laibach jedenfalls auch versöhnliche Töne: Außenminister Ivo Vajgl hat der kroatischen Seite eine Vereinbarung vorgeschlagen, die Grenzkonflikte in Zukunft vermeiden soll. Das Angebot kommt zur rechten Zeit. Schon jetzt warnen slowenische Medien nämlich davor, dass das Land bessere Verbindungen zum entfernten Serbien als zum direkten Nachbar Kroatien unterhalte.