)
EU-Parlament verlangt "echtes Mandat" für Grasser. | Österreichs Finanzminster hat wenig Spielraum. | Mitgliedsstaaten noch unbeweglich. | Brüssel. Bei den Verhandlungen um das künftige Rahmenbudget der Europäischen Union haben sich die Fronten verhärtet. "Uns trennen noch Welten", sagte der österreichische Finanzminister und amtierende EU-Ratsvorsitzende Karl-Heinz Grasser zuletzt nach einem Treffen mit den Abgeordneten.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 19 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Grasser führt die Gespräche für die Mitgliedsstaaten. "Wir haben 60 Tage verloren", resümierte der CDU-Europaparlamentarier Reimer Böge gestern, Mittwoch. So viel Zeit ist etwa seit der Einigung der 25 EU-Länder auf den Finanzrahmen der Europäischen Union für 2007 bis 2013 vergangen. Nach mühsamem Ringen hatten sie sich beim Treffen der Staats- und Regierungschefs im Dezember 2005 auf eine Obergrenze von 862 Milliarden Euro oder 1,045 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) für sieben Jahre verständigt. Damit ist die Sache aber nicht erledigt.
In Kraft treten kann das Rahmenbudget nur mit der Zustimmung des Europäischen Parlaments. Zumindest das dürfte nun auch dem Ratsvorsitzenden klar geworden sein, meinte der polnische EU-Abgeordnete Janusz Lewandowski, der mit Böge die Verhandlungen für das Parlament führt.
Das EU-Parlament will mehr Geld ...
Die Mitgliedsstaaten müssten Grasser nun endlich ein "echtes politisches Mandat" für detaillierte Gespräche geben, forderte der CDU-Abgeordnete. Ein solches hatte der österreichische Minister letzte Woche zwar erhalten. Darin wird ihm aber wenig Bewegungsspielraum abseits des Dezember-Kompromisses eingeräumt. Dieser sei für ihn "verbindlich", betonte auch Grasser. Die drei Knackpunkte seien: Das Parlament verlange mehr Geld, sage aber nicht wie viel. Die Abgeordneten wollten eine flexiblere Handhabung der Mittel bei den jährlichen Budgets und darüber hinaus ihr Mitspracherecht bei der Überprüfung des Rahmenhaushalts in den Jahren 2008 und 2009 verbrieft haben. Vor allem bei den letzten beiden Punkten war der Widerstand der meisten Mitgliedstaaten bisher groß. Die Kommission hatte, um dem Parlament entgegen zu kommen, künftig 700 Millionen Euro statt derzeit 200 Millionen als jährlichen Spielraum vorgeschlagen. Viel zu viel, lautete das Urteil der meisten EU-Botschafter. Durch die flexiblere Handhabung dürften keinesfalls die Obergrenzen des Rahmenhaushalts durchstoßen werden. Und die Überprüfung des Finanzrahmens wollen die meisten Mitgliedsländer lieber unter ihrer eigener Führung und der der Kommission sehen.
... und sitzt zumindest formell am längeren Ast
Dagegen wehrt sich das Parlament. Niemand hätte den Rahmenhaushalt so gründlich analysiert und überarbeitet, wie die Abgeordneten im Vorfeld der laufenden Verhandlungen, reklamierte Böge. Die Reform der Struktur des EU-Budgets und das Mitspracherecht des Parlaments stünden ganz oben auf der Agenda. Deshalb müsste das auch in die Regeln zur Ausführung des Rahmenbudgets - der so genannten interinstitutionellen Vereinbarung - Eingang finden. Erst danach kämen die flexiblere Handhabung der jährlichen Budgets und detaillierte Zahlen. Das Parlament werde nun abwarten, sagte Lewandowski. Und es sitzt formell auf dem längeren Ast: Gibt es keine Einigung und daher kein Rahmenbudget, müsste das Budget laut EG-Vertrag auf Basis des Haushalts 2006 fortgeschrieben werden. Das bedeutete 1,1 Prozent des BIP für 2007 und läge sehr nahe an der ursprünglichen Forderung des Parlaments von 1,18 Prozent oder 975 Milliarden Euro für sieben Jahre.