Sicherheitsexperte Heinz Gärtner: "Das Bundesheer muss sich die richtigen Ziele setzen, dann reicht das Geld."
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Wien. "Zum Zwecke der dauernden Behauptung seiner Unabhängigkeit nach außen und zum Zwecke der Unverletzlichkeit seines Gebietes erklärt Österreich aus freien Stücken seine immerwährende Neutralität. Österreich wird diese mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln aufrechterhalten und verteidigen." So lautet Artikel 1 des Neutralitätsgesetzes vom 26. Oktober 1955.
Die Neutralität Österreichs wurde immer definiert als eine "nach Schweizer Vorbild". Allerdings hat die Schweiz immer wesentlich mehr Mittel in seine Verteidigung investiert als Österreich; aktuell gibt die Schweiz 1,13 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung aus, Österreich 0,62 Prozent. Es stellt sich die Frage, ob man angesichts des immer weniger werdenden Verteidigungsbudgets ein Bundesheer überhaupt aufrechterhalten soll - oder sogar aufgrund des Neutralitätsgesetzes muss. Sollte das Neutralitätsgesetz daher geändert werden? Die "Wiener Zeitung" fragte dazu den Sicherheitsexperten, Politikwissenschafter Heinz Gärtner.
Parteipolitisch motiviert
Niemand, so Gärtner, wolle das Bundesheer abschaffen. Der Streit um das Bundesheer sei rein parteipolitisch motiviert.
Zur Erinnerung: Finanzminister Michael Spindelegger (ÖVP) hatte am Freitag der Vorwoche Verteidigungsminister Gerald Klug (SPÖ) aufgefordert, Pläne zu Reformen auf den Tisch zu legen, das Heer dürfe nicht "ausgehungert" werden. Der Verteidigungsminister konterte ungewohnt scharf. Dem Regierungskollegen sei die prekäre Lage des Bundesheeres bewusst, immerhin sei er als Finanzminister dafür verantwortlich. Auch am Montag hat Klug seine Forderung nach mehr Geld für das Bundesheer erneuert. Spindeleggers Drängen nach Reformen habe "Kopfschütteln" quer durch das Bundesheer ausgelöst. Neuerlich sagte Klug, er werde im Herbst ein Reformkonzept vorlegen und darüber auch mit dem Finanzminister Gespräche führen. Aber der Verteidigungsminister ließ keine Zweifel daran, dass ab 2016 frisches Geld für sein Ressort fließen müsse. Verwenden will Klug die geforderten zusätzlichen Mittel unter anderem für einen Ausbau des Katastrophenschutzes.
Sicherheitsexperte Gärtner hält die Situation des Bundesheeres nicht für so katastrophal wie vielfach dargestellt. "Man kann mit dem vorhandenen Geld Reformen umsetzen, wenn man sich die richtigen Ziele setzt", sagt Gärtner. Das Neutralitätsgesetz sei da auch "sehr flexibel", wenn es etwa heißt, dass Österreich die Neutralität "mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln" aufrechterhalten werde.
Teure Eurofighter
Die finanzielle Belastung des Verteidigungsbudgets führt Gärtner vor allem auf die Rückzahlungen für den Eurofighter-Ankauf zurück. Diesen bewertet Gärtner als "falsche Entscheidung", wobei er betont, dass er nicht generell gegen Luftraumüberwachung sei, aber das sei eben nicht Priorität.
Das Bundesheer habe sich auf internationales Krisenmanagement verständigt - derzeit seien etwa 1000 österreichische Soldaten weltweit, vor allem auf dem Balkan und in Afrika, im Einsatz. Das sei sinnvoll im Sinne einer engagierten Neutralitätspolitik. Grundsätzlich sollte sich das Bundesheer zwischen internationalem Krisenmanagement und Territorialverteidigung entscheiden - das müsse aber nicht unbedingt eine einander ausschließende Lösung bedeuten, sondern eine Schwerpunktsetzung.
Gärtner sieht im Verteidigungsministerium durchaus noch Möglichkeiten, Finanzmittel umzuschichten. "Nur mit Geld alleine wird man die Probleme nicht lösen", betont der Sicherheitsexperte. "Aber mit weniger Geld wird es auch nicht gehen."